Pfarrer in Rom ordnet Kirchen als Kühlräume ein

"Ein Dienst der Barmherzigkeit"

In Südeuropa klettern die Temperaturen auf über 40 Grad. Auch in Deutschland ist es häufig sehr warm. Gesundheitsminister Karl Lauterbach empfiehlt daher Kirchen als kühle Räume. In Italien hat man bereits Erfahrungen damit gesammelt.

Touristen im Petersdom / © Stefano Dal Pozzolo/Romano Siciliani (KNA)
Touristen im Petersdom / © Stefano Dal Pozzolo/Romano Siciliani ( KNA )

DOMRADIO.DE: Was sagt denn die Temperatur-Skala dieser Tage in Rom?

Pfarrer Michael Jonas  / © Renardo Schlegelmilch (DR)
Pfarrer Michael Jonas / © Renardo Schlegelmilch ( DR )

Michael Jonas (Pfarrer in der deutschsprachigen evangelisch-lutherischen Gemeinde in Rom): Wir sind jetzt bei gut 37 Grad. Die 40 Grad Marke wird vermutlich nicht überall in der Stadt gerissen. Aber es ist schon sehr warm.

DOMRADIO.DE: Dass es in Rom in den Sommermonaten zeitweise unerträglich heiß werden kann ist nichts Neues. Ist es in diesem Jahr besonders schlimm?

Jonas: Die Römer sind das, wie sie richtig sagen, gewohnt. Wir merken hier nur, dass die Temperaturen etwas höher sind. Deshalb ist die Aufregung nicht so groß. Hier ist das nicht so ein Thema wie in Deutschland.

DOMRADIO.DE: Viele Römer verlassen in diesen heißen Monaten die Stadt und fahren aufs Land oder in den Urlaub. Was tun die Menschen, die in der Stadt bleiben, um sich gegen die Hitze zu schützen?

Jonas: Die Römer passen ihren Tagesablauf sehr gut an dieses heiße Wetter an. Erledigungen und Bewegungen macht man frühmorgens, wenn es um 7 oder 8 Uhr noch angenehm ist. Und dann bleibt man über die Mittagszeit drin. Am frühen Nachmittag sollte man nicht in die Stadt und das offene Sonnenlicht gehen. Die Römer kommen erst später am Abend wieder raus. Die Bars und Restaurants sind von 21 bis 0 Uhr gut gefüllt. Manchmal gibt es dann auch eine leichte Brise. Dabei genießen die Römer dann den Abend. Man arbeitet nicht mit 100 Prozent, sondern reduziert das ein bisschen. Die Menschen erwarten auch nicht so viel voneinander in diesen Monaten.

DOMRADIO.DE: Der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat empfohlen, Kirchen als kühle Räume zu nutzen. In Rom gibt es bekanntlich eine ganze Fülle von Gotteshäusern. Ist es darin wirklich kühler als draußen?

Michael Jonas

"Es ist schattig und etwas frischer, aber es ist nicht angenehm kühl."

Jonas: Teilweise. Man darf leider nicht annehmen, dass alle Kirchen die kühle Temperatur speichern, egal ob alt oder neu. Denn die erhitzen sich auch. Unsere Christuskirche, jetzt 100 Jahre alt, ist nach zwei Wochen Sommerhitze durch das Gestein so aufgeheizt, dass wir sie auch mit nächtlichem Lüften nicht kühl kriegen. Es ist schattig und etwas frischer, aber es ist nicht angenehm kühl.

Einen katholischer Priester, der eine frühchristliche Kirche in der Innenstadt hat, habe ich das auch gefragt. Die Kirche hilft bei der Temperatur auch nicht. Sie hat einen offenen Dachstuhl und wird zu einem Ofen. Da strahlt dann das Dachgebälk in die Kirche rein.

Nur die ganz großen Kirchen bieten da vielleicht wirklich eine spürbare Abkühlung. Sie bieten zumindest Schatten und das ist schon mal viel wert an einem heißen Sommertag.

DOMRADIO.DE: Wäre denn so eine Kirche als Kühlungsraum nicht auch eine Möglichkeit, mit Menschen ins Gespräch zu kommen und aktive Seelsorge zu betreiben?

Michael Jonas

"Damit tut man ihnen einfach einen guten Dienst der Barmherzigkeit."

Jonas: Das ist eine gute Idee. Man kann das auch noch kombinieren mit einer Wasserstation und kühles Trinkwasser anbieten. Da werden die Leute unglaublich dankbar. Wir versuchen das hier bei uns auch zu machen nach dem Sonntagsgottesdienst. Und ich kann Ihnen sagen, dass natürlich alle Besucher sehr gerne nach dem Gottesdienst noch da bleiben und ein kühles Glas Mineralwasser trinken. Damit tut man ihnen einfach einen guten Dienst der Barmherzigkeit.

Das Interview führte Tim Helssen.

Quelle:
DR