Pfarrer kritisiert CSU-Äußerung zu Wirtschaftsflüchtlingen scharf

"Mir hat es fast die Sprache verschlagen"

Ein heftiger Ausspruch von CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer zur Flüchtlingslage in Deutschland erhitzt die Gemüter. Auch an das Basis der Flüchtlingsarbeit, wie der katholischen Hochschulgemeinde Regensburg, stößt die Äußerung auf Ablehnung.

Fußballspielende afrikanische Flüchtlinge sind CSU-Politiker Scheuer ein Dorn im Auge / © Paul Haring (KNA)
Fußballspielende afrikanische Flüchtlinge sind CSU-Politiker Scheuer ein Dorn im Auge / © Paul Haring ( KNA )

domradio.de: Mit "Campus Asyl" engagieren Sie sich in verschiedenen Projekten für die Integration von Flüchtlingen. Was haben Sie gedacht, als Sie Herrn Scheuers Satz gehört haben? Ich zitiere ihn noch einmal: "Das Schlimmste ist ein fußballspielender, ministrierender Senegalese. Der ist drei Jahre hier - als Wirtschaftsflüchtling -, den kriegen wir nie wieder los."

Hermann Eckl (Pfarrer an der katholischen Hochschulgemeinde Regensburg): Ich muss ganz ehrlich sagen, dass es mir fast die Sprache verschlagen hat. Ich konnte es gar nicht glauben, dass sich jemand öffentlich in dieser Weise äußert. Das war völlig unverständlich.

domradio.de: Eines Ihrer Projekte ist ja Fußballspielen mit Flüchtlingen, also genau das Kernthema des Zitats von Scheuer. Wie haben die Menschen in den Projekten denn reagiert?

Eckl: Ich hatte in den letzten Tagen die Gelegenheit, mit einigen der Verantwortlichen in unseren Projekten zu sprechen. Da hat es auch nur Verwunderung, Kopfschütteln, Ärger und Frustration ausgelöst.

domradio.de: Haben Sie auch Reaktionen von Flüchtlingen selbst erhalten?

Eckl: Im Augenblick noch nicht. Wir können nicht einschätzen, wie sehr das schon zu den Flüchtlingen durchgedrungen ist.

domradio.de: Der Regensburger Generalvikar Michael Fuchs hat in einer ersten Reaktion am Wochenende ja sinngemäß gesagt, Herr Scheuer solle die ganze Flüchtlingsarbeit selbst machen. Wie sehen Sie das? Wäre das eine Lösung?

Eckl: Um Gottes Willen. Nein! Ich glaube, jemandem, der sich so äußert, sollte man Integration nicht überlassen. Trotz des ganzen Gegenwindes sollte das dann schon in der Hand derer bleiben, die das bisher schon sehr gut machen.

domradio.de: Neben Fußballspielen wird ja auch das Ministrieren genannt. Wie ordnen Sie diese Äußerung des CSU-Generalsekretärs ein?

Eckl: Im Grunde genommen macht er deutlich, dass ihm Integration egal ist. Er sagt ja eigentlich, dass Menschen tun können, was sie wollen. Sie können sich in die Gesellschaft einbringen, sie können versuchen, sich auf uns einzulassen, unsere Werte kennenzulernen, sie können sogar Christen sein oder als aufgeschlossene Muslime am interreligiösen Gespräch interessiert sein. Das ist Herrn Scheuer offensichtlich völlig egal. Sein primäres Ziel ist nur, diese Leute wieder loszuwerden.

domradio.de: Es hat vor kurzem erst das CSU-Papier zum Umgang mit Flüchtlingen gegeben. Da hatte sich die CSU sinngemäß geäußert, dass man lieber christliche als muslimische Flüchtlinge haben wolle. Aber selbst das konterkariert Herr Scheuer nun, oder?

Eckl: Ja, natürlich. Für mich ist das pure Heuchelei. Wir brauchen ja nur in die verschiedenen kirchlichen Stellungnahmen wie die Äußerungen der Deutschen Bischofskonferenz oder auch die Äußerungen des Papstes und seiner Berater hineinzuschauen. Es ist doch völlig klar, dass wir als Christinnen und Christen verpflichtet sind, allen Menschen zu helfen, die in Not sind, ohne die Betrachtung von Herkunft, Hautfarbe, Religion oder Kultur. Natürlich kümmern wir uns auch um die christlichen Flüchtlinge, aber wir kümmern uns genauso um die muslimischen, die jesidischen Flüchtlinge und versuchen, ihnen offen und freundschaftlich zu begegnen und ihnen die Ankunft hier zu erleichtern.

domradio.de: Der Mann, der das gesagt hat, ist der Generalsekretär einer Partei, die das "C", also "christlich" im Namen trägt. Wie passt das in Ihren Augen zusammen?

Eckl: Wir beobachten schon länger, dass diese Partei sich die Frage stellen muss, wie sehr sie eigentlich auf die Wurzeln, die sie im Namen führt, noch reflektiert. Das passt hinten und vorne nicht zusammen!

Das Interview führte Hilde Regeniter.


Quelle:
DR