pax-christi verurteilt erneuten Siedlungsbau Israels

"Bewusste Verschlechterung der Beziehungen"

Israels Pläne zum Bau neuer Wohnungen im besetzten Osten von Jerusalem sind auf scharfe Kritik aus den USA und aus Großbritannien gestoßen. Im domradio-Interview verweist die Vizepräsidentin von pax christi, Wildtrud Rösch-Metzler, auf die Völkerrechtswidrigkeit des israelischen Handelns.

 (DR)

domradio: Was glauben Sie ist die Motivation für Netanjahu gewesen die Siedlungen zu erlauben - trotz internationaler Proteste?

Rösch-Metzler: Ich kann es mir überhaupt nicht vorstellen was es ihm außenpolitisch bringt. Ich kann mir vorstellen, was er innenpolitisch darstellen will: Dass er ein starker Politiker ist, der Sachen gegen internationalen Widerstand durchsetzt. Es geht ihm auch darum, für kommende Verhandlungen mit den Palästinensern Tatsachen zu schaffen. Dass einfach viel Land in Besitz der Besatzungsmacht ist, dass viele Siedlungen gebaut sind, viele Außenposten entstehen können. Ich denke, es geht Netanjahu darum, möglichst einen Vorsprung zu erreichen.

domradio: Geht es bei dieser Erweiterung des Siedlungsbaus nicht auch um die Frage, wie geht man als Staat mit einer Situation pragmatisch um, die noch nicht gelöst ist. Es ist zwar ein Politikum, aber die Menschen, die dort leben, müssen sich ja auch weiterentwickeln dürfen?
Rösch-Metzler: Die Situation ist natürlich völkerrechtlich schon geklärt. Denn völkerrechtlich ist es ja illegal, was Israel da macht. Eine Besatzungsmacht darf keine Siedlungen bauen in einem besetzten Gebiet. Insofern ist es eine einseitige Gewaltmaßnahme Israels gehen die Palästinenser.

domradio: Auch von palästinensischer Seite kamen in jüngster Zeit Ankündigungen, die darauf schließen ließen, dass man sich für eine kommende Verhandlung möglichst gut positionieren will. Dazu gehört, dass die Palästinenser gedroht haben, einseitig einen palästinensischen Staat auszurufen.
Rösch-Metzler: Die Idee nach einem palästinensischen Staat kommt ja nicht von den Palästinensern ursprünglich, sondern von der UN. Es gibt ja den UN-Teilungsplan, der einen Staat Palästina vorsieht, diese Resolution ist nie umgesetzt worden. Was wir haben, ist ein Staat Israel und diesen Staat Palästina umzusetzen, da gibt es verschiedene Vorschläge auf internationaler Ebene, wie das erreicht werden kann. Der letzte Vorschlag kam von Solana, der gefordert hat den palästinensischen Staat international durchzusetzen.

domradio: Glauben Sie trotzdem, dass das nur eine Positionierung Netanjahus ist, dass er eigentlich seine Position verbessern möchte, um dann auf einen Friedensprozess zuzusteuern?
Rösch-Metzler:  Aber das führt doch nicht zu einem Frieden. Das führt zu einer Verschlechterung der Beziehungen mit den Palästinensern. Das muss er (Netanjahu) ja auch sehen. Bewusst will er also eine Verschlechterung der Beziehung. Wenn Sie daraus die Konsequenz ziehen, dass er sich daraus einen Frieden machen ließe - das halte ich für sehr utopisch.

domradio: Der israelische Premierminister Netanjahu gehört zu den konservativen Kräften der israelischen Politik. Wenn er einen Frieden mit den Palästinensern aushandelt, wäre das doch glaubwürdiger als wenn das ein linksgerichteter Politiker tun würde?
Rösch-Metzler: Die Geschichte zeigt, dass es ja auch Begin war, der gezwungen war mit den Palästinensern zu verhandeln, zunächst in den Madrid-Verhandlungen und dann in Oslo. Aber, was damals auch war: Die israelische Regierung war nur bereit an den Verhandlungstisch zu gehen, weil die Amerikaner, damals unter Bush snr, gedroht hatten, die Hilfe an Israel zu stoppen. Soweit ist es im Moment noch nicht. Die Amerikaner versuchen ja durch Vorschläge oder durch Bitten Netanjahu dazu zu überzeugen, weiter Siedlungen zuzulassen.

domradio: Was könnte der Siedlungsbau für die weiteren Verhandlungen zwischen Palästinensern und Israelis bedeuten?
Rösch-Metzler: Der könnte bedeuten, dass es zu einer Verhärtung zwischen den Parteien führt, die dann schlechter zueinander finden. Und er könnte auch dazu führen, dass Israel international weiter isoliert wird. Man kann nicht seit 42 Jahren gegen das Völkerrecht verstoßen und das einfach so weiterführen. Es gibt einfach auch innerhalb der internationalen Gemeinschaft Regeln an die man sich halten muss.

Das Interview führte Heike Sicconi.