Pax Christi kritisiert Rekordrüstungsexporte

Deutsche Waffen für die Welt

Während Papst Franziskus in Rom Waffenhersteller als "Händler des Todes" verurteilt, gibt Deutschland Rüstungsexporte in Rekordhöhe für 2013 bekannt. Ein Skandal findet Pax Christi-Geschäftsführerin, Christine Hoffmann.

Made in Germany (dpa)
Made in Germany / ( dpa )

domradio.de: Immer noch gibt es deutsche Waffenlieferungen an Länder, die für Menschenrechtsverletzungen bekannt sind. Das kann Ihnen nicht gefallen, zumal der neue Wirtschaftsminister Gabriel vor der Wahl angekündigt hatte, die Exporte einschränken zu wollen.

Christine Hoffmann (Geschäftsführerin der katholischen Friedensbewegung Pax Christi): Es ist ein Skandal, dass mittlerweile 62 Prozent der Rüstungsexporte aus Deutschland nicht an EU- und NATO-Partner und denen Gleichgestellte, sondern eben an die sogenannten Drittstaaten geht. Das ist noch einmal eine Steigerung gegenüber dem Bericht davor. Man kann das Gabriel in dem Fall nicht vorwerfen, weil es tatsächlich noch die schwarz-gelbe Regierung war, die es gemacht hat, aber sie verstößt damit gegen ihre eigenen politischen Grundsätze. Darin steht nämlich, dass immer dann, wenn die Gefahr besteht, dass Menschenrechtsverletzungen mit diesen Waffen begangen werden können, ein Rüstungsexport nicht genehmigt wird. Sie macht das Gegenteil.

domradio.de: Die Summe der Kriegswaffen-Exporte ist gleichzeitig leicht zurückgegangen. Ist das wenigstens Grund zur Hoffnung?

Hoffmann: Jede Waffe, jede Kriegswaffe, jede Kleinwaffe, jedes Maschinengewehr, das exportiert wird, wird eingesetzt und hat tödliche Wirkung. Alle 14 Minuten stirbt weltweit ein Mensch an einer Kleinwaffe, die im Schwarzwald produziert wird. Das ist der Hintergrund, warum Pax Christi sich zum Beispiel so vehement gegen Rüstungsexporte einsetzt und insbesondere gegen Rüstungsexporte in die sogenannten Drittstaaten.

domradio.de: Bundeswirtschaftsminister Gabriel hat angekündigt, so offen wie möglich und häufiger über Exporte informieren. Glauben Sie, da hat die Politik etwas erkannt?

Hoffmann: Es gibt da zwei gegenläufige Prozesse. Der eine ist die Steigerung (an Exporten, Anm. d. Red.), die wir feststellen müssen und der andere ist tatsächlich eine Diskussion, um mehr Transparenz. Diese Diskussion ist förderungswert. Nur wenn transparent ist, kann diskutiert werden: In welcher Weise soll denn jetzt dieser konkrete Export zum Frieden beitragen. Gabriel hat auch gesagt: Rüstungsexportpolitik ist keine Wirtschaftspolitik sondern Sicherheitspolitik. Die Kanzlerin hat vor 1,5 Jahren gesagt: Wir müssen Länder, in die wir keine Soldaten schicken wollen, ertüchtigen. Also geben wir ihnen Waffen. Damit sie in ihrer Region für Stabilität sorgen können. Wenn Gabriel das so meint, dann bin ich nicht mit ihm überein. Geht es da wirklich um Friedenspolitik oder werden da Waffen irgendwo hingeschickt, wo man davon ausgehen kann, dass sie auch wirklich eingesetzt werden?

domradio.de: Würden Sie Sigmar Gabriel zustimmen in dem Punkt, dass die Summe der Exporte schließlich nicht das alleinige Kriterium von Erfolg und Misserfolg sein kann?

Hoffmann: Jede Waffe, die aus Deutschland exportiert wird, ist eine Waffe zu viel, weil sie Verletzungen, Verkrüppelung und Tod von Menschen bedeuten kann. Wir können da nicht so drüber reden als würde eine Nähmaschine exportiert! Waffen sind zum Töten gebaut und werden dafür eingesetzt. Insofern ist die Steigerung des Waffenexportes für mich an sich ein Problem, weil sie nicht dafür geliefert werden, dass Blumen blühen und Wiesen wachsen, sondern das ist Material zum Töten. Man muss einen Rüstungsexport betrachten, wie die Androhung von Gewalt und dann muss in Deutschland diskutiert werden, wollen wir Gewalt androhen oder wollen wir uns einsetzen für zivile Konfliktbearbeitung, für Diplomatie und für Friedensinitiativen.

domradio.de: Sie haben sich sehr darüber gefreut, dass Papst Franziskus am Mittwoch gesagt hat: Waffenproduzenten sind Todesmanager.

Hoffmann: Jeder Rüstungsexport ist Gewalt made in Germany und ich wünsche dem Papst für diese Aussage sehr viel Aufmerksamkeit und dass diese moralische Autorität wirklich Wirkung in der Politik entfaltet.

Das Interview führte Matthias Friebe


Quelle:
DR