Pax Christi im domradio-Interview zur Münchner Sicherheitskonferenz

"Chancen nicht genutzt"

Die Veranstalter der Münchner Sicherheitskonferenz haben in diesem Jahr eine Brücke zur Friedensbewegung geschlagen. Erstmals wurde dazu ein Teilnehmer der parallel stattfindenden Gegenveranstaltung, der Internationalen Münchner Friedenskonferenz, eingeladen. Der Psychologe und Aktivist von Pax Christi, Thomas Mohr, sagte, seine Teilnahme als Beobachter habe die Sicherheitskonferenz "natürlich nicht verändern können". Im domradio-Interview zieht Georg Hörnschemeyer von Pax Christi eine Bilanz der Konferenz.

 (DR)

domradio: Viele hatten vor der Konferenz auf einen Kurswechsel in der internationalen Sicherheitspolitik gehofft. Ist dieser Wechsel Ihrer Einschätzung nach tatsächlich da?
Georg Hörnschemeyer: Das wissen wir noch nicht, aber es hat sich ein Fenster geöffnet, in dem ein Wechsel stattfinden kann. Wir haben nach 1990 für die NATO, und um die geht es ja hauptsächlich bei der Sicherheitskonferenz, noch keinen deutlichen Strategiewechsel feststellen können. Wir denken, dass die Chance dafür jetzt deutlich gewachsen ist, bislang aber noch nicht genutzt wurde.

domradio: Pax Christi hatte in diesem Jahr zum ersten Mal einen Beobachter bei der Konferenz und ist dafür von anderen Gruppen der Friedensbewegung kritisiert worden. Warum hat sich Pax Christi trotzdem zu diesem Schritt entschieden?
Hörnschemeyer: Wir können uns immer einen Dialog mit andersdenkenden vorstellen und auch über paradoxe Bündnisse und ähnliches reden. Das bedeutet ja nicht, dass wir die Intentionen der Veranstalter teilen oder das wir deren Programm übernehmen. Ein Mitglied von uns nahm nur als Beobachter teil, es gab keine Möglichkeit, eigene Beiträge einzubringen.

domradio: Was fordert Pax Christi in Sachen Sicherheit von den Großen und Mächtigen dieser Welt?
Hörnschemeyer: Wir erwarten eine deutliche Änderung der Strategie der NATO und eine Überprüfung ihrer Existenz. Dies ist nach 1990 zu wenig eingetreten. Es gibt nach wie vor Aufrüstung, es gibt zu wenige Schritte zur Abrüstung. Und das obwohl kommendes Jahr vor allem in Frage der Atombewaffnung eine Möglichkeit bestünde mit der Atomwaffensperrvertragsüberprüfungskonferenz Schritte anzugehen für 2010. Da sehen wir viele Versprechen nicht eingelöst und beobachten hier sorgfältig, was die Konferenz bringen wird. Bisher gibt es viele Ankündigungen und Absichten. Das Außenministerium spricht von einem glücklichen Zeitfenster. Aber ich sehe noch nicht, dass sich da sehr viel bewegt.

domradio: Wo sehen Sie aktuell den größten Handlungsbedarf?
Hörnschemeyer: Es gäbe sicherlich Chancen in Europa konventionell und atomar deutlicher abzurüsten. Auch in der Afghanistankonfliktbewältigung sind Schritte zu tun.