Patriarch warnt vor Machtvakuum im Krisenland Libanon

Lähmung des Landes

Der maronitische Patriarch Kardinal Bechara Rai hat vor einem Machtvakuum im krisengeschüttelten Libanon gewarnt und für die rechtzeitige Wahl eines neuen "einigenden" Staatspräsidenten plädiert. Er hoffe nun auf die Unterstützung.

Verzweifelte Frau im Libanon / © Hassan Ammar (dpa)
Verzweifelte Frau im Libanon / © Hassan Ammar ( dpa )

"Wir lehnen die Lähmung des Landes, die Aussetzung der Verfassung, die Verhinderung der Regierungsbildung und die Blockierung der Wahl eines neuen Präsidenten ab", sagte er in der Predigt seiner Sonntagsmesse. 

Am 31. Oktober läuft die Amtszeit des seit sechs Jahren amtierenden Präsidenten Michel Aoun ab.

Libanon, Beirut: Verschiedene Wahlplakate im Vorfeld der Parlamentswahlen am 15. Mai / © Marwan Naamani (dpa)
Libanon, Beirut: Verschiedene Wahlplakate im Vorfeld der Parlamentswahlen am 15. Mai / © Marwan Naamani ( dpa )

Rai gegen Aushöhlung der Präsidentenschaft

Patriarch Rai, der als Oberhaupt der größten libanesischen Christengemeinschaft auch eine gewichtige politische Stimme hat, wandte sich gegen ein drohendes Präsidentenvakuum, gegen eine Aushöhlung der Präsidentschaft und "gegen die Zerstörung des Staates Libanon und seiner besonderen Merkmale in der Levante und in der Welt". 

Libanesischer Patriarch Bechara Rai (Kathpress)
Libanesischer Patriarch Bechara Rai / ( Kathpress )

Alle loyalen Bürger des Landes sollten diese Ablehnung teilen und "vor dem 31. Oktober fordern, dass der Libanon eine Regierung und einen einigenden Präsidenten" hat.

Präsident würde weitermachen

Seit den Parlamentswahlen im Mai, mit der die schiitische Hisbollah einen Teil ihrer Macht eingebüßt hat und progressivere Kräfte gestärkt worden waren, wird das Land von einer provisorischen Regierung unter Premier Nadschib Miqati geleitet.

Vor dem Hintergrund hatte Präsident Aoun in der vergangenen Woche in einem Interview angedeutet, auch über den 31.10. hinaus im Präsidentensitz von Baabda zu bleiben, solange keine funktionstüchtige Regierung bestehe. 

Nach dem im Grundlagenvertrag festgelegten Religionsproporz muss der libanesische Staatspräsident maronitischer Christ sein. Er wird vom Parlament gewählt.

Der Libanon leidet derzeit unter einer enormen Wirtschaftskrise. Lebensmittel-, Energie- und Wasserpreise sind von den Familien kaum noch zu verkraften. Zudem ist die medizinische und medikamentöse Versorgung eingebrochen.

Der Libanon

Der Libanon ist geprägt durch das Nebeneinander zahlreicher Religionen. Mit etwa 30 Prozent hat die parlamentarische Demokratie den größten Anteil Christen in der Arabischen Welt. Die Muslime - Sunniten und Schiiten - machen inzwischen wohl mehr als 60 Prozent aus. Offiziell anerkannt sind 18 Religionsgemeinschaften, darunter die Minderheiten der Drusen und Alaviten.

Symbolbild: Flagge des Libanon / © Yulia Grigoryeva (shutterstock)
Symbolbild: Flagge des Libanon / © Yulia Grigoryeva ( shutterstock )
Quelle:
KNA