Das Gericht sah es zuvor in seinem am 26. Februar verfügten Schuldspruch als erwiesen an, dass der Präsident der bosnischen Teilrepublik Srpska Weisungen des Hohen UN-Repräsentanten im Land missachtet habe. Dodik wurde in erster Instanz zu einer einjährigen Haftstrafe verurteilt. Zudem darf er in den nächsten sechs Jahren keine politischen Ämter ausüben.
In seiner Erklärung kritisierte Patriarch Porfirije das Urteil als Verstoß gegen das Dayton-Abkommen und warnte davor, dass es die drei Jahrzehnte währenden Bemühungen um die Heilung der Kriegswunden und die Versöhnung zwischen den Völkern von Bosnien und Herzegowina gefährden könnte. Die Entscheidung seie äußerst gefährlich für die Stabilität in der Region. Der Patriarch forderte die beteiligten Parteien auf, alles zu tun, um weitere Spannungen in Bosnien und Herzegowina zu verhindern.
Konflikt geht weiter
Die Führung der Republika Srpska hatte vergangene Woche mit "radikalen" Folgen gedroht, sollte der Präsident der Entität nicht freigesprochen werden. Serbische Beamte könnten demnach ihre Arbeit niederlegen und Srpska-Vertreter aus Regierungsämtern zurücktreten, hieß es. Bosnien-Herzegowina verfügt nur über eine schwache Zentralregierung. Das Land bleibt gespalten zwischen einer serbischen Teilrepublik und einer kroatisch-bosniakischen Föderation.
Wesentliche Kompetenzen kommen dem Hohen UN-Repräsentatnten zu. Er wird vom Friedensimplementierungsrat der UN eingesetzt und kann demokratisch gewählte Amtsträger entlassen, Gesetze erlassen und neue Behörden schaffen. An dieser Machtfülle und einer fehlenden demokratischen Kontrolle gibt es zunehmend Kritik.
Dodik widersetzt sich Entscheidungen
Dodik hatte verfügt, dass Entscheidungen des Hohen UN-Repräsentanten Christian Schmidt oder des bosnischen Verfassungsgerichts in der Republika Srpska nicht mehr umgesetzt werden sollten. Schmidt gilt als Hüter des Dayton-Abkommens, das 1995 den Krieg in Bosnien und Herzegowina beendete. Er hat weitreichende Befugnisse. In einem Kräftemessen annullierte Schmidt 2023 Dodiks Gesetze. Dieser ließ sie dennoch im Amtsblatt der Republika Srpska veröffentlichen, wodurch sie Rechtswirkung entfalteten.
Regelmäßig drohte Dodik in den vergangenen Monaten mit einer Abspaltung der Republik Srpska und stellte eine Angliederung an Serbien in Aussicht. Den deutschen UN-Repräsentanten Schmidt bezeichnete er in der Vergangenheit als "ausländischen Diktator". Unter Bosniens ethnischen Serben hat Dodik immer noch großen Einfluss. In der Regionalhauptstadt Banja Luka gingen seine Unterstützer seit Wochenbeginn auf die Straße, um für einen Freispruch zu demonstrieren.
Laut Adnan Cerimagic, Bosnien-Experte der European Stability Initiative in Berlin, hat das Urteil "keine sofortigen rechtlichen Folgen". In zweiter Instanz könnte der Fall möglicherweise sogar vor das Verfassungsgericht oder den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gehen: "Wie lange das dauert, ist ungewiss - eher ein Jahr oder länger als nur ein paar Wochen oder Monate."