Papst würdigt Konzilsjubiläum

Bis heute Kompass

Die Originaltexte des Zweiten Vatikanischen Konzils sind bis heute ein Kompass für die Kirche, betont der Papst. Sie leiteten die Kirche durch die Stürme der Zeit.

2.800 Konzilsväter aus aller Welt berieten (KNA)
2.800 Konzilsväter aus aller Welt berieten / ( KNA )

"Einzigartige Erfahrung"

Seine eigene Teilnahme an der historischen Bischofsversammlung beschreibt er als "einzigartige Erfahrung".  "Wenige Male in der Geschichte hat man wie damals konkret die Universalität der Kirche fast berühren können", erinnerte sich der Papst am Mittwoch in der Generalaudienz.



Er schilderte im italienischen Redeteil, wie er selbst als beratender Konzilstheologe und als Begleiter des damaligen Kölner Erzbischofs, Joseph Kardinal Frings, das Zweite Vatikanische Konzil erlebte - nämlich als Ereignis der "Freude", "Hoffnung" und "Ermutigung" für die katholische Kirche.



Das Konzil habe im Wesentlichen die Existenz Gottes gelehrt. "In diese einfache Mitte des Glaubens hinein wollte und will das Konzil uns wieder führen." Er empfiehlt die Lektüre der Originaltexte des Konzils. Die Dokumente müssten "von der Masse der Veröffentlichungen befreit werden, die sie häufig verdunkeln statt erhellen". Katholiken sollten sich von den zahlreichen Kommentaren nicht verwirren lassen, sondern zu den Quellentexten greifen.



Stichwort Aggiornamento

Das Konzil bleibe bis heute auch ein Aufruf zur Neuevangelisierung. Johannes XXIII. habe das Konzil aus dem Bewusstsein heraus einberufen, dass das Christentum müde geworden war und nicht mehr recht in der Zeit zu stehen schien. Er habe das Stichwort "Aggiornamento’ (italienisch: auf den Tag bringen) geprägt. "Das heißt nicht ein äußerliches Neuanstreichen des Glaubens, sondern es bedeutet, seine innere Gegenwart neu zu entdecken", erklärte Benedikt XVI. Vielmehr habe Johannes XXIII gewollt, dass die ständige und lebendige innere Gegenwart des Glaubens wieder sichtbar werde, "dass er heute lebt und die Welt und die Menschen von heute formt".



2.800 Konzilsväter aus aller Welt berieten

Das Zweite Vatikanische Konzil, das von 1962 bis 1965 dauerte, steht für Erneuerung in der katholischen Kirche. Während der kirchlichen Versammlung berieten rund 2.800 Konzilsväter aus aller Welt über Reformvorhaben. Berühmt geworden ist der von Papst Johannes XXIII. geprägte Aufruf "Aggiornamento", der eine Verheutigung im Sinne einer Anpassung der kirchlichen Dienste an die Verhältnisse der Gegenwart meinte.



Papst Johannes XXIII. eröffnete das Konzil am 11. Oktober 1962 in der Peterskirche in Rom. Als er im Jahr 1963 verstarb, setzte sein Nachfolger Paul VI. die Versammlung fort. Die Teilnehmer des Konzils kamen zu insgesamt vier Tagungsperioden zusammen. Unter anderem befassten sie sich mit den Beziehungen der Katholischen Kirche zu anderen christlichen Glaubensgemeinschaften und Nichtchristen, werteten die Rolle der Laien in der Kirche auf. Zudem wurde die Liturgie reformiert.



Am Ende der Verhandlungen standen als Ergebnis insgesamt 16 Texte, darunter vier Erlassungen, sogenannte Konstitutionen. Neben "Sacrosanctum Concilium" (Über die Heilige Liturgie) und "Gaudium et Spes" (Freude und Hoffnung) haben insbesondere die Anordnungen über die Lehre von der Kirche ("Lumen Gentium", Licht der Völker) und über die Bedeutung der göttlichen Offenbarung ("Dei Verbum", Wort Gottes) besondere Bedeutung.



Piusbruderschaft entstand aus Protest gegen Konzilsbeschlüsse

Innerhalb der katholischen Kirche wurde das Zweite Vatikanische Konzil als Aufbruch und Kontrapunkt zum Ersten Vatikanischen Konzil (1870) verstanden, das etwa die Unfehlbarkeit des Papstes festgeschrieben hatte. Aus Protest gegen die Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils gründete der französische Erzbischof Marcel Lefebvre 1970 die traditionalistische Piusbruderschaft.



Erstmals in der Kirchengeschichte waren zu den Beratungen auch Beobachter aus orthodoxen und protestantischen Kirchen eingeladen. Das Zweite Vatikanische Konzil ist das bislang letzte Konzil, das von einem Papst einberufen wurde. Nach katholischer Zählung gab es in der Kirchengeschichte insgesamt 21. ökumenische Konzilien. Die Entscheidungen der ökumenischen Konzilien haben in der Katholischen Kirche Allgemeingültigkeit.



Das Jahr des Glaubens soll eine Wiederbelebung des christlichen Glaubens und des kirchlichen Lebens vor allem in den einst katholisch geprägten, heute aber weitgehend säkularisierten Ländern des Westens fördern. Nach Worten von Benedikt XVI. soll es dazu dienen, "die Inhalte des Glaubens, der bekannt, gefeiert, gelebt und im Gebet ausgedrückt wird, wiederzuentdecken und über den Glaubensakt selbst nachzudenken". Es gelte, "die Feier des Glaubens in der Liturgie zu verstärken, besonders in der Eucharistie".



Dass der Beginn dieses ausgerufenen Jahres mit dem Konzilsjubiläum zusammenfällt, soll die fortwährende Bedeutung dieser Bischofsversammlung für die gegenwärtige Kirche symbolisch zum Ausdruck bringen. Das Themenjahr fällt zudem mit der Bischofssynode über die Neuevangelisierung zusammen, die bis zum 28. Oktober im Vatikan tagt. Die Kirche begeht bis zum 24. November 2013 das Jahr des Glaubens. Nach einem Paulus-Jahr (2008/2009) und einem Priesterjahr (2009/2010) ist dies die dritte Initiative dieser Art im Pontifikat von Papst Benedikt XVI. Es wurde am 11. Oktober 2011 mit dem Motu proprio "Porta fidei" ausgerufen.