Papst warnt vor Endzeit-Spekulationen

Mitgestalten statt auf Apokalypse warten

Papst Benedikt XVI. hat sich gegen Spekulationen über das Ende der Welt gewandt. Kalendarische Voraussagen gingen am Wesentlichen vorbei, sagte er bei der Generalaudienz am Mittwoch auf dem Petersplatz. Die neutestamentliche Erwartung der Wiederkunft Christi verleihe dem irdischen Leben eine neue und entscheidende Perspektive. Damit wachse die Verantwortung, die Welt aktiv mitzugestalten.

 (DR)

Die Gegenwart sei aus biblischer Sicht eine "Zwischenzeit", sagte der Papst. In ihr sei die Erlösung durch Tod und Auferstehung Christi zwar schon bewirkt, das neue Leben müsse aber noch zur Vollkommenheit gelangen. Das verleihe der Existenz der Christen eine Spannung auf die Zukunft in der Hoffnung, "dass unser Leben nicht ins Leere geht", sagte Benedikt XVI.

Benedikt XVI. verwies auf Ungerechtigkeiten und Gewalt oder auf die Situation der Flüchtlinge in Darfur. Christus möge zu den Drogenkonsumenten kommen oder "zu den Reichen, die Gott vergessen haben".



Ausgangspunkt war die Katechesereihe zu Leben und Lehre des Apostels Paulus. Zum Thema "Wiederkunft des Herrn und das ewige Leben" sagte der Papst auf Deutsch: "Die Paulusbriefe spiegeln diesbezüglich die verschiedenen Haltungen unter den ersten Christen wieder: Für manche stand die Parusie, das Kommen Christi in Herrlichkeit, unmittelbar bevor, andere waren überzeugt, dass dazu zunächst eine Reihe von tragischen Ereignissen auftreten musste. Durch diese unterschiedlichen Interpretationen wollen wir uns aber nicht zu kalendarischen Voraussagen verleiten lassen, die am Wesentlichen, das heißt, an Christus und seinem Heilswerk in uns, vorbeigehen. Vielmehr sollen wir erkennen, dass wir in einer ,Zwischenzeit' leben, in der die durch das Kreuz und die Auferstehung Christi bewirkte Erlösung bereits erfolgt ist, aber unser neues Leben in Christus erst zur Vollkommenheit gelangen muss. Das verleiht der Existenz der Christen eine Spannung auf die Zukunft, auf die Ewigkeit hin. Unser Leben geht nicht ins Leere. Das Ziel vor Augen, strecken wir uns vielmehr voll Hoffnung nach dem Siegespreis aus, den Gott uns in Jesus Christus schenkt (vgl. Phil 3,14)."

Was ist die Endzeit?
Im 1993 erschienenen "Katechismus der katholischen Kirche" wird die Endzeit im Artikel 7/I im Kapitel "Er wird wiederkommen in Herrlichkeit..." wie folgt beschrieben:
"Nummer 675: Vor dem Kommen Christi muss die Kirche eine letzte Prüfung durchmachen, die den Glauben vieler erschüttern wird. Die Verfolgung, die ihre Pilgerschaft auf der Erde begleitet, wird das 'Mysterium der Bosheit' enthüllen: Ein religiöser Lügenwahn bringt den Menschen um den Preis des Abfalls von der Wahrheit eine Scheinlösung ihrer Probleme. Der schlimmste religiöse Betrug ist der des Antichrist, das heisst eines falschen Messianismus, worin der Mensch sich selbst verherrlicht, statt Gott und seinen im Fleisch gekommenen Messias.

Nummer 677: (...) Das Reich wird also nicht in stetigem Fortschritt durch einen geschichtlichen Triumph der Kirche zustande kommen, sondern durch den Sieg Gottes im Endkampf mit dem Bösen. In diesem Sieg wird die Braut Christi vom Himmel herabkommen. Nach der letzten kosmischen Erschütterung dieser Welt, die vergeht, wird es in Gestalt des letzten Gerichts zum Triumph Gottes über den Aufstand des Bösen kommen."


Vor 15.000 Pilgern auf dem Petersplatz grüßte Benedikt in neun Sprachen und spendete den Segen: "Christus, dessen Kommen wir erwarten, stärke in uns die Hoffnung auf das ewige Leben, die all unserem irdischen Tun und Streben eine neue, entscheidende Perspektive verleiht. Der Herr segne und behüte euch und eure Lieben!"