"Das war eins der Highlights meiner Karriere": Vor 20 Jahren flog Lufthansa-Pilot Francesco Sciortino den damaligen Papst Benedikt XVI. nach dessen erstem Deutschlandbesuch zurück nach Rom.
Der Airbus A321 "Regensburg" nahm nicht den direkten Weg vom Flughafen Köln/Bonn nach Italien, sondern über die bayerische Heimat von Joseph Ratzinger, der damals erst seit wenigen Monaten das Oberhaupt der katholischen Kirche war. "Wir haben den Papst mit der Route über seinen Geburtsort Marktl am Inn überrascht", erzählt Sciortino der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Kapitän des Fluges war Martin Ott, der vor seiner Pilotenlaufbahn in Regensburg beim damaligen Professor Ratzinger Theologie studiert hatte.
Die Piloten flogen tief in einer Schleife über Marktl und Altötting, der Luftraum war eigens gesperrt. "Die Menschen haben den Flieger von unten gesehen, weil wir nur in 1.000 Metern Höhe flogen", so Sciortino. "Der Heilige Vater war ja traurig darüber, dass er bei seinem ersten Besuch in Deutschland seine bayerische Heimat nicht sieht. Beim Einsteigen ins Flugzeug fragten wir ihn, ob er Lust hätte, über Marktl zu fliegen", erzählt der damals 31-jährige Co-Pilot, heute Vorstandsmitglied des Lufthansa-Konzerns. "Ja, warum nicht?", habe der Papst erwidert.
Weißbier an Bord
Über Marktl wartete eine Überraschung: "Wir hatten Funkkontakt zum Marktplatz, wo etwa 5.000 Menschen standen", erzählt Sciortino. Anfangs sei der Privatsekretär des Papstes, Georg Gänswein, irritiert gewesen, wie es technisch möglich sein sollte, dass sein Chef mit den Menschen sprechen könne. Wenig später habe Benedikt XVI. mit den beiden Piloten im Cockpit auf einem Klappsitz gesessen, das Mikrofon in der Hand und mit Marktl gesprochen.
Rückblickend sei alles "perfekt gelaufen", sagt Sciortino. "Wir wussten ja nicht, ob er das mitmacht". Die Lufthansa habe sich damals von ihrer besten Seite gezeigt. Ein Business-Class-Sitz mit päpstlichem Wappen wurde eingebaut, die Namen aller Passagiere in die Sitzbezüge gestickt, sogar Weißbier war an Bord. "Ich glaube, für den Papst, die Menschen am Boden und uns war das ein tolles Erlebnis."
"Ich war dann immer der Papst-Pilot"
Für Sciortino blieb ein sehr positiver Eindruck der katholischen Kirche zurück. "Der Umgang war äußerst sympathisch und bodenständig. Der Vatikan hatte keine großen Vorgaben gemacht und organisiert, dass wir alle Fotos mit dem Papst machen durften - jeder, auch der Techniker und nicht nur der Flugkapitän."
Sciortino flog den Papst auch nach dessen Bayern- und Deutschlandbesuch 2006 und 2011 zurück nach Rom. Traditionell reist der Papst zurück nach Italien immer mit einer Fluglinie des Gastlandes. "Ich war dann immer der Papst-Pilot", erinnert er sich schmunzelnd. "Er hat mich wiedererkannt, auch wenn die Gespräche nie über Smalltalk hinausgingen." Seit 30 Jahren arbeite er für die Lufthansa und habe einiges erlebt: "Aber das war wirklich etwas anderes. Ich dachte, sowas erlebt man nur einmal - ich durfte es dreimal. Wobei man das erste Mal nie wieder toppen kann."
Papst-Hype im Sommer 2005
Auch weitere Erinnerungen blieben: "Ganz Deutschland war damals Papst, es war ein Riesenhype und eine Wahnsinnsstimmung." Beim Abflug hätten Jugendliche hinter dem Zaun am Kölner Flughafen gestanden und mit Sprechchören den Papst gefeiert. Und für Sciortino und seine Kollegen hatte der Flug noch eine Einladung nach Marktl am Inn zur Folge: "Wir wurden in vollen Turnhallen begrüßt und durften uns im Goldenen Buch der Stadt verewigen."