Papst legt im Libanon Grundlagen für Christen im Nahen Osten

Rückenstärkung aus dem Vatikan

Von Freitag bis Sonntag betritt Papst Benedikt XVI. im Libanon erneut den Dauerkrisenherd Nahost - in fast gefährlicher Nähe zur syrischen Kampfzone. Benedikt XVI. besucht das einzige arabische Land, das nicht muslimisch, sondern bireligiös geprägt ist: Hier machen die Christen noch immer zwischen einem Drittel und der Hälfte der Bevölkerung aus und spielen in Staat und Politik eine gleichberechtigte Rolle.

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)

Sicher wird Benedikt XVI. in Beirut vor Politikern und Kirchenführern die globalen Fragen von Frieden und Gerechtigkeit in den ungelösten Nahost-Konflikten ansprechen. Die mit Spannung erwartete Rede am kommenden Samstag dürfte auch Appelle an Israelis und Palästinenser, an Syrer, Iraker und Libanesen enthalten. Aber hauptsächlich soll die 24. Auslandsreise des Papstes eine geistliche Mission werden. Er unterzeichnet und veröffentlicht dort das Schlussdokument der Nahost-Bischofssynode.



Wie schon 2010 bei dem Bischofstreffen im Vatikan will Benedikt XVI. mit seiner Reise und dem Dokument den Christen zwischen Kairo und Teheran Grundlagen für das Leben und das Überleben vorgeben. Er will ihnen Rückenstärkung vermitteln, ihr Selbstbewusstsein stärken, sie zu Solidarität gegenüber ihren Landsleuten anhalten - und sie zum Bleiben in ihrer Heimat ermutigen.



Das "Nachsynodale Dokument", das dem Vernehmen nach kürzer ist als die Schlusstexte früherer Synoden, versteht sich als Anleitung zur Glaubensvertiefung in allen Bereichen des kirchlichen Lebens: So soll die christliche Botschaft zu Aussöhnung und Frieden beitragen.



Zwei Wochen lang hatten die 150 Synodalen im Oktober 2010 die mitunter dramatische Situation in ihren Ländern analysiert. Ihre Empfehlungen fassten sie in 44 Thesen zusammen. Darin forderten sie mehr Religions- und Gewissensfreiheit für die Christen in der Region. Sie verlangten von allen kirchlichen Gruppen ein klareres Profil samt einer inneren Erneuerung: von Bischöfen, Priestern und Ordensleuten, von Laien, christlichen Familien und den neuen geistlichen Bewegungen. Die Synode nahm die kirchlichen Einrichtungen wie Schulen und Krankenhäuser in den Blick. Sie forderte mehr Dialog zwischen den katholischen Riten, in der Ökumene, mit Juden und Muslimen.

  

Die Synodalen nannten Empfehlungen, wie man die Abwanderung von Christen aus der Region eindämmen und die Zukunft der Kirchen in ihren Ursprungsregionen sichern könnte und wie die Diaspora-Gemeinden Nahost-Christen in Europa oder Amerika besser gefördert werden sollten. Dazu hieß es, man sollte den Einsatz verheirateter Priester von Ostkirchen prüfen, der bislang auf das Territorium des jeweiligen Patriarchates beschränkt ist. Neu war das Problem der Einwanderung lateinischer Christen - etwa indischer oder philippinischer Krankenschwestern oder Hausgehilfen, die in den Golfstaaten oder Saudi-Arabien die einheimischen Christen zahlenmäßig längst überholt haben.



Abzuwarten ist, ob der Papst in dem Dokument die Empfehlungen der Synodalen eins zu eins umsetzt und wie konkret er sich zum Kontakt mit den anderen Religionen, mit Judentum und Islam äußert. Die Synode hatte Rassismus, Antisemitismus, Islamophobie und Christenfeindlichkeit entschieden verurteilt. Auch die Papstaussagen zum Friedensprozess in der Region wird man aufmerksam analysieren.



Vermutlich wird Benedikt XVI. - wie schon bei seiner Reise nach Israel oder Zypern - gemäß der vatikanischen Linie eine dauerhafte Friedenslösung für Israelis und Palästinenser auf Grundlage der internationalen Abkommen anmahnen. Er dürfte eine Zwei-Staaten-Lösung befürworten, die beiden Seiten ein Leben in Souveränität und Sicherheit garantiert. Und er wird vermutlich einen Status für Jerusalem fordern, der den Charakter der Heiligen Stadt bewahrt.