Papst gründet neues Vatikan-Ministerium für Neuevangelisierung

Gegen die inneren Wüsten des Relativismus

Papst Benedikt XVI. hat am Dienstag im Vatikan ein neues Ministerium gegründet - 22 Jahre nach der letzten großen Kurienreform. Der «Rat für die Förderung der Neuevangelisierung» soll Ursachen und Phänomene der Entchristlichung in den bereits vor Jahrhunderten missionierten Ländern ermitteln und Gegenbewegungen einleiten.

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)

Die Kirche müsse der "inneren Wüste" insbesondere der westlichen Welt gegensteuern, die religiöse Gleichgültigkeit, Säkularismus und Atheismus hinterließen. Mit einem sogenannten "Motu proprio" - einem Erlass des Papstes, der auf dessen persönlicher Initiative beruht - hat Benedikt XVI. eine Behörde gegründet, die innerhalb der Kurie noch ihren Platz zwischen der Missionskongregation und dem Kulturrat finden muss. Erstere kümmert sich um die jungen Kirchen in den klassischen Missionsgebieten Afrikas, Asiens und Ozeaniens, in denen die Christianisierung erst Ende des 19. Jahrhunderts einsetzte. Der Kulturrat seinerseits sucht das Gespräch mit Nichtglaubenden und Atheisten, mit Menschen, die keiner Religion angehören.



Der Neuevangelisierungsrat dagegen soll sich um neue christliche Impulse angesichts von wachsendem Relativismus und fortschreitender Säkularisierung bemühen. Seine Zielgruppe sind Taufscheinchristen, die Glauben nur noch aus Tradition pflegen, oder Menschen, die aus der Kirche ausgetreten sind. Und generell geht es ihm um die gesellschaftliche, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung, die Religions- und Kirchenbindung lockert und löscht; die Gott, das Heilige und Naturgesetze aus Staat und Alltagsleben zurückdrängt.



Globalisierung, Fortschritte in Wissenschaft und Technik, Mischung von Kulturen und Ethnien hätten der Menschheit unleugbare Wohltaten gebracht, die aber mit einem "Verlust des Sinns für das Heilige" verbunden seien, lautet die Analyse des Papstes in dem Gründungsdokument, das nach seinen lateinischen Anfangsworten den Titel "Ubicumque et semper" (Überall und immer) trägt.



Der Relativismus werde zum Charakteristikum unserer Jahrzehnte, betonte der designierte Präsident der neuen Behörde, Erzbischof Rino Fisichella, bei der Präsentation des "Motu proprio". Gleichzeitig hätten Sekten Zulauf, die offenbar ein geistiges Vakuum füllten.



An der Spitze ein Präsident im Rang eines Erzbischofs

Die neue Behörde soll wie die übrigen Vatikanministerien ausgestattet werden. An der Spitze steht ein Präsident im Rang eines Erzbischofs, der von einem Sekretär und einem Untersekretär unterstützt wird. Letztere sind noch zu benennen. Ihr Büro mit einem Mitarbeiterstab wird im neuen Kuriengebäude an der Via della Conciliazione eingerichtet. Kardinäle, Bischöfe und Laien-Experten werden als Mitglieder oder Berater berufen.



Der Neuevangelisierungs-Rat soll eng mit den jeweiligen Ortskirchen und ihren Bischofskonferenzen zusammenarbeiten. Es gehe nicht um neue Bürokratie oder um abstrakte Formeln, stellte Fisichella klar. Der Rat wolle theologisch und pastoral das umsetzen, was das kirchliche Lehramt seit Jahrzehnten fordere und anzustoßen versuche.  "Wir dürfen nicht still bleiben angesichts der wachsenden Distanzierung vieler Gläubiger von der Kirche" im Zuge von Säkularisierung und Entchristlichung, so der Präsident.



Dabei setzt der Vatikan besonders auf die katholischen Ordensgemeinschaften, die sich früher in Volksmissionen engagierten, aber auch auf die Geistlichen Gemeinschaften. Und verstärkt will die Kirche die Neuevangelisierung mit neuen Kommunikationsformen vorantreiben. Auf den umtriebigen Erzbischof Fisichella warten große Aufgaben.