Papst beruft im Konsistorium sechs neue Kardinäle

Der Senat der Kirche wird internationaler

Es ist ein Konsistorium der Überraschungen: Zum zweiten Mal in diesem Jahr hat Papst Benedikt XVI. das Kardinalskollegium der katholischen Kirche zusammengerufen und es um neue Mitglieder erweitert. Und zum ersten Mal seit erdenklichen Zeiten ist unter den sechs neuen Kardinälen kein Europäer.

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)

Nachdem beim letzten Konsistorium im Februar die Kurialen dominierten, wollte Benedikt XVI. diesmal offenkundig andere Akzente setzen. Damals waren unter den 18 neuen Papstwählern zehn Kurienvertreter und nur acht Oberhirten von großen Diözesen der Weltkirche; Sieben von ihnen kamen aus Italien aber keiner aus Afrika. Am Samstag (24.11.2012) zogen je ein Asiate, ein Lateinamerikaner und ein Afrikaner in das Kardinalskollegium ein. Außerdem erhielten zwei Vertreter der Ostkirchen den Kardinalspurpur - ein deutliches Signal für Kirchen in bedrängter Situation. Zudem erhebt Benedikt XVI. den langjährigen Präfekten des Päpstlichen Hauses - den US-Amerikaner James Michael Harvey - in den Kardinalsstand.



Das bedeutet freilich, dass die in letzter Zeit ernannten Kurienchefs diesmal noch nicht den Kardinalspurpur erhalten. Das gilt für den Präfekten der Glaubenskongregation, Gerhard Ludwig Müller, ebenso wie für den Bibliothekar und Archivar der Kirche, Jean-Louis Brugues. Betroffen sind weiter die Präsidenten von Familien- und Neuevangelisierungsrat, Vincenzo Paglia und Rino Fisichella.



Dafür zogen diesmal renommierte Vertreter der Weltkirche in den Kirchensenat ein. Nicht überraschend gehört dazu Luis Antonio Tagle von Manila. Immerhin haben die Philippinen nach Brasilien und Mexiko die dritthöchste Katholikenzahl (75 Millionen) weltweit. - Unter den neuen Kardinälen ist zudem John Olorunfemi Onaiyekan, einer der bedeutendsten Kirchenführer Afrikas. Er leitet die Hauptstadtdiözese von Nigeria (Abuja), dem Land mit der zweitgrößten Katholikenzahl Afrikas. Zudem war er lange Präsident des kontinentalen Bischofsrates SECAM. - Mit Ruben Salazar Gomez bekommt schließlich auch Kolumbien wieder einen Kardinal, der an einer Papstwahl teilnehmen könnte. - Aus den Ostkirchen nimmt der Papst den maronitischen Patriarchen Bechara Rai, soeben sein Gastgeber bei der Libanonreise, und den syromalankarischen Großerzbischof Baselios Cleemis Thottunkal in sein wichtigstes Beratergremium auf.



Bei einer feierlichen Zeremonie im Petersdom sagte der Papst, er habe deutlich machen wollen, sagte der Papst in seiner Ansprache, dass die katholische Kirche eine "Kirche aller Völker" sei. Zu dem Konsistorium im Petersdom waren zahlreiche Kardinäle aus der ganzen Welt und ranghohe ausländische Gäste angereist, unter ihnen der libanesische Präsident Michel Suleiman. In seiner offiziellen Delegation war auch ein Vertreter der schiitischen Hisbollah. Ghalib Abu Zeinab ist für die Beziehungen zu den Christen zuständig. Aus Deutschland nahm Kardinal Woelki an dem Konsistorium teil. Der Papst überreichte den neuen Kardinälen im Petersdom ihre Ernennungsurkunde und setzte ihnen das purpurfarbene Birett auf den Kopf. Zudem steckte er ihnen den Kardinalsring an den Finger wies ihnen eine Titelkirche in Rom zu. Über diese hat der Kardinal eine Art Schirmherrschaft, die seine Verbundenheit mit der Bischofsstadt des Papstes zum Ausdruck bringen soll.





Einige Personalveränderungen

Mit "nur" sechs neuen Kardinälen hat Benedikt XVI. diesmal ein kleines Konsistorium einberufen. Er hält sich damit strikt an die Obergrenze von 120 papstwahlberechtigten Kardinälen. Entsprechend lang ist die Liste derer, die erst einmal nicht mit dem Kardinalspurpur ausgezeichnet werden. Weder der Oberhirte von Turin oder der Patriarch von Venedig, noch die Bischöfe von Rio de Janeiro, Santiago de Chile, London, Tokio, Los Angeles oder Brüssel ziehen diesmal ins Kardinalskollegium ein. Dass kein Deutscher zu den Erwählten gehört, hängt wohl auch damit zusammen, dass beim letzten Mal gleich zwei geehrt wurden: Rainer Maria Woelki von Berlin und der aus Köln stammende Theologe Karl Josef Becker.



Neben der Aufnahme neuer Mitglieder dient ein Konsistorium stets auch der Beratung und dem Meinungsaustausch. Gesprächsstoff dürfte es diesmal reichlich geben, rund um die Einigungsbemühungen mit den Piusbrüdern, aber auch um Vatileaks.



Das Konsistorium zieht im Vatikan einige Personalveränderungen nach sich. Der designierte Kardinal Harvey erhält das würdevolle Amt eines Erzpriesters der Basilika Sankt Paul vor den Mauern. Er gibt damit nach 14 Jahren endgültig sein Amt als Präfekt des Päpstlichen Hauses ab, das er bis in diese Tage hinein wahrnimmt. Für ihn muss ein Nachfolger bestimmt werden - möglicherweise wieder ein Vatikandiplomat mit langjähriger Erfahrung im Staatssekretariat. Immerhin hat der Präfekt eine Schlüsselfunktion etwa bei Staatsbesuchen im Vatikan. Und in den kommenden Wochen werden mehrere hochrangige Gäste beim Papst erwartet, darunter am 6. Dezember der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck.