Papst Benedikt XVI. und der Vatikan stehen vor ereignisreichem Jahr

Nahostsynode und vier Reisen

Auch 2010 wird Papst Benedikt XVI. wieder viel unterwegs sein. Das Kirchenoberhaupt plant insgesamt vier Reisen außerhalb Italiens. Das erste große Ereignis des Jahres drohte bereits im Vorfeld zuscheitern. Themenschwerpunkt soll für den Vatikan 2010 der Nahe Osten sein.

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)

Nach der Zuerkennung des heroischen Tugendgrads für Pius XII. (1939-1958) schien der geplante Papstbesuch in der römischen Synagoge am 17. Januar zeitweise auf der Kippe. Dann bestätigte die jüdische Gemeinde Roms jedoch bei einer Nachtsitzung am 23. Dezember den Termin. Der päpstliche Besuch sei wichtig für den katholisch-jüdischen Dialog. Das ändere freilich nichts daran, dass man weiterhin eine Klärung der historischen Rolle von Pius XII. während der Judenverfolgung fordere, hieß es.

Noch vor dem historischen Synagogenbesuch wird Benedikt XVI. eine politisch-diplomatische Bilanz vorlegen. Für den 11. Januar ist das beim Heiligen Stuhl akkreditierte Diplomatische Korps zum Neujahrsempfang in die Sala Regia geladen. Erstmals in offizieller Funktion ist der Vertreter Russlands dabei. Beim jüngsten Besuch von Präsident Dimitri Medwedew hatten der Heilige Stuhl und die einstige sozialistische Weltmacht die Aufnahme voller diplomatischer Beziehungen vereinbart. Ob das im kommenden Jahr auch mit Vietnam zustande kommt, dessen Präsident Nguyen Minh Triet ebenfalls im Dezember zur ersten Papstaudienz kam, ist unklar.

Schwerpunkt Naher Osten
Themenschwerpunkt soll für den Vatikan 2010 der Nahe Osten sein. Für kommenden Oktober hat Benedikt XVI. eine Bischofssynode für die Krisenregion einberufen. Die Weltkirche müsse sich mit der schwierigen Situation der christlichen Minderheit auseinandersetzen
- in einer Region, in der uralte Kirchen durch Abwanderung ihrer Mitglieder zu verschwinden drohen. Die thematische Weichenstellung für das Großtreffen erfolgt bereits im Juni auf Zypern. Bei einer Reise auf die geteilte Insel will Benedikt XVI. das Arbeitspapier vorstellen, das derzeit auf Grundlage von Erhebungen in der Region erstellt wird.

Vor Zypern stehen noch zwei andere Auslandsbesuche auf dem
Papstprogramm: Mitte April fährt Benedikt XVI. nach Malta. Es ist eine Reise im Nachklang zum Paulus-Jahr. Der Völkerapostel war auf dem Weg von Palästina nach Rom auf der Mittelmeerinsel gelandet. Einen Monat später ist der Papst zu Gast im portugiesischen Marienwallfahrtsort Fatima. Weiter ist für Mitte September offenbar eine viertägige Reise nach England geplant. Anlass ist die erwartete Seligsprechung von Kardinal John Henry Newman (1801-1890).

Während dieser Reise - so sie zustande kommt - dürfte auch die neue Regelung für übertrittswillige Anglikaner zur Sprache kommen. Der Vatikan hatte dafür im November eine neue Kirchenstruktur geschaffen und damit zunächst Irritationen in der katholisch-anglikanischen Ökumene ausgelöst. Allerdings scheint die neue Struktur bisher noch keinen großen "Run" ausgelöst zu haben.

Ökumenische Großereignisse
Zu den ökumenischen Großereignissen 2010 zählt der Papstbesuch in der evangelisch-lutherischen Kirche Roms am 14. März. Weiter werden mit Spannung die Kontakte zur Orthodoxie, vor allem zum Moskauer Patriarchat, beobachtet. Ob ein Treffen von Benedikt XVI. und Patriarch Kyrill I. näher rückt - in Rom, in Moskau oder an neutralem Ort - ist allerdings fraglich.

Im Übrigen dauert noch bis Mitte Juni das Internationale Priesterjahr - eine Initiative, die besonders das pastorale Profil der rund 400.000 Priester weltweit schärfen soll. Leitfigur ist der französische Landpfarrer Jean-Marie Vianney (1786-1859). Der "Pfarrer von Ars" brillierte nicht nur durch theologischen Intellekt, sondern zog auch als überzeugender Prediger und Beichtvater Menschenmassen an.

Ein geistlicher Höhepunkt 2010 könnte dann im Oktober die Seligsprechung von Johannes Paul II. werden. Sollten die noch offenen Fragen des laufenden Verfahrens bis dahin geklärt sein, wäre der polnische Papst zwar nicht "santo subito" (heilig sofort), wie die Sprechchöre bei seiner Totenmesse forderten. Aber es wäre das kürzeste Seligsprechungsverfahren der Neuzeit.