Papst Benedikt XVI. feiert seine größte Messe in Portugal

Die Mission geht weiter

Im portugiesischen Wallfahrtsort Fatima hat Papst Benedikt XVI. am Donnerstagvormittag mit mehreren hunderttausend Gläubigen eine Messe zum Jahrestag der dortigen Marienerscheinungen gefeiert. Die Zeremonie war Höhepunkt der 15. Auslandsreise des Papstes.

Autor/in:
Burkhard Jürgens
 (DR)

Viel geistliche Freude lag über dem Papstgottesdienst in Fatima, Hirt und Herde hatten sich gefunden: Rund eine halbe Million Menschen feierten mit Benedikt XVI. die Messe zum Jahrestag der ersten Marienerscheinung an diesem Ort. Der Großteil von ihnen einfache, erdverbundene Menschen aus der ländlichen Region Zentralportugals, die Gesichter gezeichnet von Arbeit und tiefem Glauben. Es schien sie nicht im Geringsten zu irritieren, dass der Papst in seiner auf Portugiesisch gehaltenen Predigt Aussagen über das Wunder und die legendenumwobenen drei «Geheimnisse» von Fatima geschickt umging.

Stattdessen pries der Papst diejenigen selig, die nicht sehen und doch glauben: Einen Irrtum nannte er es, neidisch zu werden, wenn man «nicht dasselbe Glück» habe wie die drei Hirtenkinder, die 1917 im Hain bei Fatima eine Begegnung mit der Muttergottes erlebten. Sachte und bestimmt schob Benedikt XVI. den Brennpunkt von der reinen Marienverehrung zu Christus als dem einzigen Grund christlicher Hoffnung: Er sei gekommen, so der Papst, um für die leidende Menschheit «mit Maria und zahllosen Pilgern zu beten».
Eigentlich wollte auch Ali Agca unter ihnen sein.

Der türkische Ex-Terrorist hatte am 13. Mai 1981 die Kugel auf Johannes Paul II. abgefeuert, die heute in die goldene Krone der Marienstatue von Fatima eingearbeitet ist. Das Projektil verfehlte um Haaresbreite lebenswichtige Organe. Nach der Überzeugung des Wojtyla-Papstes war es die unsichtbare Hand der Gottesmutter, die das Geschoss lenkte. Auch an diese Geschichte seines Vorgängers mochte Benedikt XVI. gedacht haben, als er nach der Ankunft am Mittwochnachmittag lange vor der Statue meditierte. Agca hatte angekündigt, nach Fatima zu reisen und mit Benedikt XVI. sprechen zu wollen. Aber die portugiesischen Behörden und Agcas Anwalt verständigten sich darauf, den Besuch besser auf ein späteres Datum zu verschieben.

So blieb alles friedlich in Fatima. Anschlagsdrohungen gab es offiziell nicht, und dass noch ein paar Augenblicke vor dem Eintreffen des Papstes eine Spürhundestaffel durch das Heiligtum zieht, gehört nach Auskunft der Sicherheitskräfte zum Standardprogramm. Die Nationalgarde, mit 845 Mann im Einsatz, befasste sich kriminalistisch mit zwei Taschendiebstählen und vier verschwundenen Pilgern, die hoffentlich irgendwann wieder auftauchen werden. 15 notorische Spitzbuben in der Kleinstadt stehen unter Beobachtung. Für Nationalgarde, Polizei, Luftwaffe, Heer und Geheimdienst war dieser 13. Mai sogar ruhiger als die Marienfeste der Vorjahre.

Andere füllten die Reihen: Fahnen aus Brasilien, den Kapverden, Südafrika, Italien, Kongo wehten auf dem Gottesdienstgelände. Auch die geistlichen Gemeinschaften zeigten Präsenz, allen voran die Neokatechumenalen, die schon im Morgengrauen wieder mit Trommeln und Hallelujasingen begonnen hatten, so wie der vorige Tag schloss. Selbst aus Moskau reisten einige von ihnen an, ebenso wie eine junge Frau aus Osnabrück. Sie sei «gekommen, um beim Papst zu sein in dieser schwierigen Zeit», sagte sie - und ergänzte, es gehe bei den Schwierigkeiten «nicht nur um Missbrauch».

Auch dieses Thema griff Benedikt XVI. nicht ausdrücklich auf, nachdem er schon auf der Anreise die Fatima-Vision von den Leiden der Kirche mit den Sünden in ihrem Innern in Verbindung gebracht hatte. Jetzt sprach er davon, dass «die Priester Jesus lieben und ihren Blick fest auf ihn gerichtet halten», und es klang so etwas wie ein Gelübde. Denn die Notwendigkeit zu Sühne, Umkehr und Verkündigung der Frohen Botschaft bleibt nach den Worten des Papstes, solange die Menschheit auf dem «Altar eines engstirniger Egoismus von Nation, Rasse, Ideologie, Gruppe oder Individuum» opfert. «Man würde sich täuschen, wenn man glaubte, dass die prophetische Mission von Fatima beendet wäre.» Benedikt XVI. verwies dabei auf das 100-jährige Jubiläum des Wallfahrtsortes 2017. Bis dahin soll der «Triumph des unbefleckten Herzens Mariens» ein Stück näher sein.