Papst Benedikt und Kardinal Meisner warnen an Fronleichnam vor Aushöhlung des Glaubens

"Kirche ist kein Zweckverband"

Katholische Christen in ganz Deutschland haben am Donnerstag das Fronleichnamsfest gefeiert. Wegen schlechten Wetters mussten die traditionellen Prozessionen durch Städte und Dörfer aber vielerorts abgesagt oder in die Kirchen verlegt werden. In Rom warnte Benedikt XVI. vor einer Aushöhlung des katholischen Glaubens

Joachim Kardinal Meisner: Hier zu Fronleichnam 2008 in Köln / © Alexander Foxius (DR)
Joachim Kardinal Meisner: Hier zu Fronleichnam 2008 in Köln / © Alexander Foxius ( DR )

In Fulda etwa fiel die große Prozession erstmals seit 15 Jahren aus. Auch in München wurde der feierliche Umgang in den Liebfrauendom verlegt.  Abgesagt wurde etwa die seit 1935 jährlich begangene See-Prozession auf dem bayerischen Staffelsee.

Mit dem seit dem 13. Jahrhundert begangenen Fest verehrt die katholische Kirche in besonderer Weise die Gegenwart Jesu Christi im eucharistischen Brot. Bei den Prozessionen tragen Geistliche die Monstranzen mit der Hostie durch die Straßen.

Auf dem Rhein in Köln fand wieder die "Mülheimer Gottestracht" statt. Mehr als 100 Boote begleiteten das große Schiff, mit dem das Allerheiligste bis auf Höhe des Domes gebracht wurde. In Sipplingen am Bodensee wurde der traditionelle, 900 Meter lange Fronleichnams-Blumenteppich gelegt. Ehrenamtliche Helfer hatten die Teppiche aus Millionen Blüten gefertigt. Im Weinort Endingen am Kaiserstuhl kredenzten die Einwohner wie jedes Jahr den "Käppelewi", Wein in offenen Karaffen, die auf den Stationsaltären aufgestellt werden.

In ihren Festtagspredigten gingen die katholischen Bischöfe auch auf die gegenwärtige Wirtschaftskrise und den Wert menschlicher Arbeit ein. Der Münchener Erzbischof Reinhard Marx rief zur Gestaltung einer gerechten Welt auf. Die Gläubigen sollten nicht ängstlich sein, sondern zuversichtlich.

Zudem beklagte Marx die in den vergangenen Jahren entstandene Kultur des Misstrauens gegenüber Wirtschaft, Politik und Kirche. Ein kritisches Bewusstsein sei zwar wichtig, doch nötig sei, wieder eine "Kultur des Vertrauens" zu schaffen, die dem anderen abnehme, dass er es ehrlich meint.

Der Kölner Kardinal Joachim Meisner sagte in Düsseldorf, die biblischen Zehn Gebote seien Norm auch für die Arbeitswelt. Sie garantierten, "dass die Arbeit nicht zum Götzen degeneriert". Auch schützten sie Arbeiter vor Ausnutzung. Meisner warnte vor einer gottlosen Welt. Wer im privaten und gesellschaftlichen Leben den Glauben ausklammere, der führe sich und die Menschen am Sinn des Lebens vorbei.

Der Hamburger Erzbischof Werner Thissen wies Vorwürfe der NPD gegen Katholiken scharf zurück. Christen und Rechtsradikale könnten nichts miteinander zu tun haben, sagte er in Rostock. Das gelte für jede Form von Extremismus. Thissen verwies auf die Rede eines NPD-Politikers, der beklagt habe, unter den vielen katholischen Feiertagen in Deutschland leide die wirtschaftliche Produktivität. Weiter habe der NPD-Vertreter kritisiert, das Kreuz als Glaubenssymbol zeige eine Gewaltbereitschaft der Katholiken. Diese Vorwürfe seien "an Lächerlichkeit nicht zu überbieten".

Der Erzbischof nannte es ein gutes Zeichen für Mecklenburg-Vorpommern, dass die NPD bei den Kommunalwahlen in den meisten Wahlkreisen hinter ihren Erwartungen zurückgeblieben sei. Offensichtlich hätten hier auch die Aufrufe der Kirchen Wirkung gezeigt. Im April hatte die katholische Kirche in Schwerin eine Studie zum Thema Rechtsextremismus vorgestellt und Christen nachdrücklich zum Kampf gegen solches Gedankengut aufgerufen.

Der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst griff in seiner Predigt zu Fronleichnam die Folgen der Wirtschaftskrise auf. Beim Gottesdienst in Frankfurt sagte der Bischof mit Blick auf die Wolkenkratzer, die für ihn den wirtschaftlichen Aufstieg symbolisieren: "Wo Vieles glänzt, ist die Fläche größer, auf die sich Schatten legen kann".

Fronleichnam ist gesetzlicher Feiertag in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland sowie teilweise in Sachsen und Thüringen.

Fronleichnam: Papst warnt vor Aushöhlung des Glaubens
Benedikt XVI. hat zum Fronleichnamsfest vor einer Aushöhlung des katholischen Glaubens und der eucharistischen Frömmigkeit gewarnt. Die Kirche bekenne gerade an diesem Tag die wirkliche Präsenz Christi in der Eucharistie, sagte der Papst am Donnerstagabend vor der römischen Lateran-Basilika. In der Fronleichnamsprozession erbitte sie die Befreiung der Menschheit "vom Gift des Bösen, von Gewalt und Hass" durch Gottes versöhnende Liebe. Ausdrücklich rief das Kirchenoberhaupt die Gläubigen zum Gebet auf, das auch in der heutigen Hektik nicht auf oberflächliche und eilige Momente reduziert werden dürfe.

Nach der Messe auf dem Vorplatz der römischen Bischofskirche des Papstes setzte sich die Prozession zur rund einen Kilometer entfernten Basilika Santa Maria Maggiore in Bewegung. Mehrere tausend Priester und Ordensleute, Angestellte der römischen Kurie und Mitglieder Eucharistischer Bruderschaften nahmen an dem Zug teil.

Die Säkularisierung habe auch das Innere der Kirche erfasst und drohe den eucharistischen Kult zu entleeren, mahnte Benedikt XVI. in seiner Predigt. Daher sei das Bekenntnis der Christen zur Präsenz Christi in der Eucharistie nicht nur zu Fronleichnam notwendig.

Die Kirche setze sich aus einer Vielfalt von Kulturen und unterschiedlichen Erfahrungen zusammen, hob der Papst hervor. Gott bilde sich daraus sein Volk - durch die Teilnahme am "Tisch des Wortes und der Eucharistie". Daraus ergebe sich für Christen auch die Pflicht, zur Erneuerung und Belebung der Gesellschaft beizutragen, insbesondere durch Hilfe für die Armen, die Bedürftigen und die körperlich wie psychisch Leidenden.