Papst beendet zweiten Tag in Lourdes

Besinnung beim Abendgebet und Grundsatzrede

Mit einem meditativen Abendgebet in Gegenwart der gewandelten Hostie hat Papst Benedikt XVI. seinen zweiten Tag in Lourdes beendet. Zuvor hatte er in einer Grundsatzrede an die französischen Bischöfe zu kirchenpolitischen Fragen Stellung genommen. Dabei widmete er sich unter anderem den Themen "alte Messe", Ehe und Familie sowie interreligiöser Dialog. Am Morgen hatte er mit 150.000 Pilgern eine Open-Air-Messe gefeiert.

Lockt in Lourdes die Massen: Papst Benedikt XVI. (KNA)
Lockt in Lourdes die Massen: Papst Benedikt XVI. / ( KNA )


In einem dichten, poetischen Text führte der Papst beim Abendgebet die Gläubigen in das Geheimnis der Eucharistie ein, in der nach katholischem Glauben Jesus Christus real gegenwärtig ist: «Wir betrachten den, der im Ostermahl seinen Leib und sein Blut hingegeben hat (...) Die Heilige Hostie spricht zu uns von der unglaublichen Erniedrigung Gottes, der sich arm gemacht hat, um uns durch ihn reicher zu machen.»

Zu der von Stille und Konzentration geprägten Feier hatten sich Tausende Menschen auf dem «Prairie» genannten Freigelände des Pyrenäen-Wallfahrtsorts versammelt, um das Altarsakrament zu verehren. Aus Ehrfurcht vor dem Allerheiligsten gab es während der Feier keinen Applaus für den Papst.

Benedikt XVI. verweilte zunächst in Stille kniend vor der Hostie auf dem Altar. Dann verlas er seine lange Meditation, in der er auch auf die Gottesmutter Bezug nahm: «Alles ist von Christus gekommen, auch Maria; alles ist mit Hilfe von Maria gekommen, auch Christus.»

Der Papst wandte sich auch an diejenigen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht oder noch nicht zur Eucharistie zugelassen sind und ermutigte sie, das Altarsakrament in Glaube und Liebe zu betrachten und das Verlangen nach Vereinigung mit Christus zu pflegen.

Kirchliche Grundsatzrede
Auch das Verhältnis von Staat und Kirche, das bei seinen Reden in Paris eine zentrale Rolle gespielt hatte, sprach Benedikt XVI. zuvor vor den Bischöfen an. Zu der Begegnung mit dem Papst war die gesamte Französische Bischofskonferenz in den Marienwallfahrtsort am Fuß der Pyrenäen gereist.

Wie beim Empfang im Elysee-Palast bekräftigte Benedikt XVI. die Autonomie des Staates. Zugleich forderte er eine Präsenz der Religion in der Gesellschaft. Es müsse «im Rahmen der bestehenden Institutionen und unter voller Achtung der geltenden Gesetze» ein neuer Weg gefunden werden, um die christlichen Wurzeln Frankreichs besser zu Bewusstsein zu bringen. Keine Nation dürfe erlauben, dass das verschwinde, was ihre Identität ausmache, so der Papst.

Angesichts der Spannungen wegen der alten Messe mahnte er die französischen Bischöfe, auch traditionalistische Katholiken als willkommene Glieder der Kirche anzunehmen. Es gehe darum, dass das «Gewand Christi nicht weiter zerrissen wird». Mit Blick auf andere Konfessionen und Religionen ermutigte der Papst die Bischöfe, im Dialog voranzuschreiten.

Als ein besonderes pastorales Problem benannte der Papst die Krise von Ehe und Familie. Die Gesetzgebung passe sich oft eher den Forderungen von Sondergruppen an, als das Gemeinwohl zu fördern, bemängelte er. Benedikt XVI. bestärkte die Bischöfe darin, das Prinzip der Unauflöslichkeit der Ehe zu verteidigen. Initiativen, die eine Segnung von illegitimen Verbindungen anstrebten, dürften nicht zugelassen werden.

Mit Nachdruck bestätigte der Papst die Kirchenführer in ihrer Sorge für junge Menschen und erinnerte sie an ihre Pflicht, Berufungen zum Priestertum und zum Ordensleben zu fördern. Priester seien für die Kirche unentbehrlich, insofern sie ihre Aufgaben nicht den Gläubigen übertragen könnten.

Am Vormittag hatte der Papst mit einer großen Messe unter freiem Himmel der Marienerscheinungen in Lourdes vor 150 Jahren gedacht. Der südfranzösische Wallfahrtsort solle ein Ort der Begegnung mit Gott im Gebet und ein Ort des Dienstes an Kranken, Armen und Leidenden sein, sagte das Kirchenoberhaupt. Erneut rief der Papst die Jugendlichen zu einem entschiedenen Leben für Christus und zur Bereitschaft für kirchliche Berufe auf.

Die 150-Jahr-Feiern der Marienerscheinungen waren der eigentliche Anlass der Frankreichreise des Papstes. In der Kleinstadt am Fuß der Pyrenäen soll 1858 dem damals 14-jährigen Hirtenmädchen Bernadette Soubirous 18 Mal Maria erschienen sein.