Papst auf Friedensmission in Sarajevo

"Franziskus holt Bosnien aus internationalem Vergessen"

Der bevorstehende Sarajevo-Besuch von Papst Franziskus steht im Zeichen des Friedens in Bosnien-Herzegowina. Nach dem Willen des Erzbischofs von Sarajevo, Kardinal Vinko Puljic, soll der Papst die Katholiken des Landes zum Bleiben bewegen.

Der Papst reist am 6. Juni nach Sarajevo / © Friederike Seeger (DR)
Der Papst reist am 6. Juni nach Sarajevo / © Friederike Seeger ( DR )

Am 6. Juni reist Papst Franziskus nach Sarajevo. Erzbischof Kardinal Vinko Puljic sagte im Interview der Presseagentur "Kathpress", auch 20 Jahre nach Kriegsende fehlten in dem Land Rechtsstaatlichkeit und Gleichberechtigung der Volksgruppen. Der Papst werde zu ernsthaftem Bemühen um eine Lösung ermutigen und dazu beitragen, "Bosnien und Herzegowina aus der Vergessenheit der internationalen Gemeinschaft herauszuziehen".

Bereits durch die Ankündigung seiner Visite habe Franziskus Bosnien-Herzegowina "aus der Anonymität gehoben" und das Interesse der Mächtigen der Welt verstärkt, die Stabilität des Landes zu fördern. "Dieses Land und dieser Staat brauchen positive Energie, weil die Medien nur negativ berichten und damit die einfachen Menschen traurig machen", sagte Puljic. Besonders für letztere habe Papst Franziskus ein "besonderes Herz".

Tauben als Zeichen des Friedens

Der Besuch in der zwischen 1992 und 1995 heftig umkämpften Hauptstadt von Bosnien-Herzegowina steht unter dem Motto "Friede sei mit euch". Wie schon beim ersten Papstbesuch im April 1997 von Johannes Paul II. sollen auch diesmal die Themen Versöhnung, Vergebung, Frieden und Gerechtigkeit im Mittelpunkt stehen. Vatikansprecher Federico Lombardi sagte, als symbolische Geste sollen bei der Begrüßungszeremonie am Präsidentenpalast von Sarajevo Tauben aufsteigen. Das Logo des Papstbesuchs zeigt neben einem Bild von Franziskus eine Friedenstaube und ein stilisiertes Kreuz in den Landesfarben gelb und blau.

Auf dem Programm der achten Auslandsreise von Franziskus stehen eine Rede vor Politikern und eine Messe für Gerechtigkeit und Frieden im ehemaligen Olympia-Stadion von Sarajevo. Zudem sind eine Ansprache vor Priestern und Ordensleuten sowie ein Treffen mit Jugendlichen vorgesehen. Außerdem will der Papst mit Vertretern anderer Kirchen und Religionen - Orthodoxen, Muslimen und Juden - zusammentreffen. Der Erzbischof von Sarajevo, Puljic, betonte, das Engagement des Papstes werde auch jenseits aller Konfessions- und Religionsgrenzen anerkannt: "Auch die Muslime freuen sich auf Papst Franziskus; sie erkennen in ihm den wahren Pilger des Friedens und der Koexistenz."

Katholiken nicht gleichberechtigt

In der heutigen Situation Bosniens werde Politik stets auf Kosten der Kleineren und Schwächeren gemacht, beklagte Puljic. Dazu zählten in besonderer Weise die Katholiken, von denen es vor dem Krieg noch 830.000 gegeben habe; heute seien es nur noch etwa 430.000. Um auch ihnen ein Gefühl von Sicherheit und Vertrauen zu geben und die negative, angstbesetzte Stimmung zu überwinden, müssten Gleichberechtigung und Religionsfreiheit endlich verwirklicht werden.

Spürbar werde die Benachteiligung etwa bei Baugenehmigungen, so Puljic. Auch die in Bosnien stationierten internationalen Vertreter seien taub für derartige Ungleichheiten, während die Lokalbehörden Kircheneigentum verkauften oder zerstörten. Auf die Rückgabe der meisten von den Kommunisten beschlagnahmten Immobilien warte die Kirche immer noch.

"Verbrechen beim Namen nennen"

Nicht nur die Gräuel des Krieges von 1992 bis 1995, sondern auch die des Zweiten Weltkriegs und der Partisanenzeit müssten in Bosnien-Herzegowina noch aufgearbeitet werden, erklärte der Kardinal. Für tatsächlichen Frieden im Land sei es notwendig, "diese Verbrechen mit richtigen Namen zu nennen und Courage für die Gleichberechtigung zu zeigen". Bislang gebe es jedoch nur viele Unverständnisse, Beschuldigungen der jeweils anderen, jedoch keinen Mut, die ganze Wahrheit anzunehmen.

Es ist die dritte Reise eine Papstes nach Bosnien-Herzegowina. Johannes Paul II. (1978-2005) hatte zwei Jahre nach dem 1995 geschlossenen Friedensabkommen von Dayton die Stadt Sarajevo besucht. 2003 reiste er nach Banja Luka in der Republika Srpska und sprach dort den kroatischen Intellektuellen Ivan Merz selig.


Papst Franziskus (KNA)
Papst Franziskus / ( KNA )
Quelle:
KNA