Papst-Appell am Ende der internationalen Gebetswoche

"Welt erwartet Zeugnis aller Christen"

Mit einem Appell zur gemeinsamen Glaubensverkündigung hat Papst Benedikt XVI. die internationale Gebetswoche für die Einheit der Christen beendet. Die Welt erwarte ein solches gemeinsames Zeugnis der Christen, sagte das Kirchenoberhaupt am Donnerstagabend in der römischen Basilika Sankt Paul vor den Mauern. An dem katholischen Vesper-Gottesdienst nahmen zahlreiche hochrangige Vertreter anderer christlicher Kirchen und Gemeinschaften teil.

 (DR)

Möglichkeit zu "brüderlicher Kritik"
Benedikt XVI. rief die Christen der verschiedenen Konfessionen zum gemeinsamen Lesen der Bibel auf. Das Hören auf das Wort Gottes sei vorrangig für das Bemühen um Ökumene. Die Kirche lebe "nicht aus sich selbst, sondern von dem Wort, das aus Gottes Mund kommt". Die ökumenische Gebetswoche stand in diesem Jahr unter dem Motto aus dem Markus-Evangelium: "Er macht, dass die Tauben hören und die Stummen sprechen."

Die Einheit lasse sich nicht verordnen, sondern müsse auf einem gemeinsamen Glauben gründen, betonte der Papst. Zur ökumenischen Praxis gehöre deshalb auch, eigene Glaubensüberzeugungen anderen mitzuteilen. Dabei dürfe die Art und Weise, wie man über den katholischen Glauben spreche, nicht zu einem Hindernis werden. Ein ehrlicher Dialog müsse aber auch die Möglichkeit zu "brüderlicher Kritik" einschließen.

Papst besichtigt Paulus-Sarkophag
Am Ende des Gottesdienstes besichtigte der Papst den vor kurzem wieder aufgefundenen Paulus-Sarkophag unter dem Hauptaltar der Basilika. Dabei ließ er sich Einzelheiten der Ausgrabung von dem Erzpriester der Basilika, Kardinal Andrea Cordero Lanza di Montezemolo, erläutern. Benedikt XVI. gratulierte den Verantwortlichen für die Ausgrabung zu den Ergebnissen ihrer wissenschaftlichen Untersuchungen. Besonders freue er sich, dass das Grab des Völkerapostels jetzt wieder für Pilger sichtbar sei.

Archäologen waren bei Grabungen im Jahr 2002 auf den 2,55 Meter langen römischen Marmorsarg gestoßen, den eine antike Deckplatte als Grab des Paulus ausweist. Die Ergebnisse der im September abgeschlossenen Untersuchungen wurden im Dezember im Vatikan vorgestellt. Der Apostel und Völkermissionar Paulus war um das Jahr 67 in Rom hingerichtet und an der Via Ostia bestattet worden. Kaiser Konstantin errichtete im 4. Jahrhundert eine Basilika über dem damals schon verehrten Grabmal. Die Kenntnis über dessen genaue Lage ging nach mehreren Umbauten und einem verheerenden Brand 1823 verloren.