Papst-Äußerung zu Kondomen sorgt für Debatten - Weihbischof Jaschke verweist auf Engagement der Kirche gegen Aids

Führend im Kampf gegen Aids

Äußerungen von Papst Benedikt XVI. zur Aids-Bekämpfung haben zu Debatten in Deutschland geführt. Der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke lehnt es ab, Kondome zu tabuisieren, warnte aber zugleich vor ihrer Überschätzung. Vatikansprecher Federico Lombardi verweist auf den Kampf der Kirche gegen HIV und der Papst besucht ein Anti-Aids-Projekt und fordert kostenlose Medikamente. Die Deutsche AIDS-Hilfe hatte die kategorische Ablehnung des Kondoms durch den Vatikan "zynisch" genannt.

 (DR)

Benedikt XVI. hatte am Dienstag zu Beginn seiner Afrika-Reise gesagt, die Aids-Epidemie lasse sich nicht durch die Verteilung von Kondomen überwinden; Kondome vergrößerten die Probleme nur. Vielmehr komme es auf moralisch richtiges Verhalten und besondere Aufmerksamkeit gegenüber den Kranken an.

Die SPD-Bundesministerinnen Ulla Schmidt und Heidemarie Wieczorek-Zeul widersprachen dem Papst, ohne ihn ausdrücklich zu erwähnen. «Moderne Entwicklungszusammenarbeit muss den Ärmsten der Armen Zugang zu Mitteln der Familienplanung geben. Und dazu gehört insbesondere auch der Einsatz von Kondomen. Alles andere wäre unverantwortlich», erklärten sie gemeinsam in Berlin. Kondome retteten Leben.  Wieczorek-Zeul und Schmidt betonten, Kondome spielten eine entscheidende Rolle bei der Bekämpfung der Immunschwächekrankheit. Allein in Afrika südlich der Sahara seien 22 Millionen Menschen mit dem HI-Virus infiziert.

Ganzheitlicher Ansatz
In einem Gastbeitrag für die Wochenzeitung «Die Zeit» schreibt Weihbischof Jaschke, «die Kirche steht nicht in einer finsteren Anti-Kondom-Ecke, von der aus sie die Menschen einschüchtern will». Jaschke verteidigte die Position der katholischen Kirche zu Aids: Sie verfolge einen ganzheitlichen Ansatz von Aufklärung, Vorbeugung und Hilfen für Kranke. Zu menschlicher Sexualität gehöre die Verantwortung für sich selbst und andere. Jeder einzelne müsse daher in seiner Sittlichkeit gestärkt werden. Zugleich erteilte der Bischof dem Kondomgebrauch keine Absage: «Wer Aids hat und sexuell aktiv ist, wer wechselnde Partnerschaften sucht, muss andere und sich selber schützen», schreibt er. Wenn ein aidskranker Ehemann mit seiner Frau verkehre, dann sei «Schutz angesagt».

Zugleich warnte der Bischof vor «Mythen und Verharmlosungen». Allein die Verteilung von Kondomen könne das Problem nicht lösen. Männer lehnten ihren Gebrauch oft ab. Unwissen, mangelnde Hygiene und menschenunwürdige Lebensbedingungen bildeten einen gefährlichen Nährboden für die Ausbreitung von Aids. Jaschke lobte die sogenannte A-B-C-Methode, die unter anderem in Uganda von Staat und Kirche propagiert werde: Der Buchstabe A steht für Abstinenz, B für «Bleib treu» und C für die Benutzung von Kondomen, auf Englisch «Condoms».

Jaschke verwies auch auf das weltweite Engagement der Kirche gegen Aids. Jede zweite aller Einrichtungen im Kampf gegen Aids weltweit werde von den Kirchen getragen, jede vierte von der katholischen Kirche. Ziel ihrer Arbeit sei es auch, erkrankte Menschen aus ihrer Isolation und Lethargie herauszuholen, das Schweigen gegenüber der Krankheit zu brechen und Aids-Kranke zu pflegen.
Kondome "Kein Allheilmittel"
Der Leiter der deutschen Redaktion von Radio Vatikan in Rom, Pater Eberhard von Gemmingen, verteidigte das Kirchenoberhaupt. «Papst Benedikt XVI. hat das Kondom nicht so strikt verboten, wie das dargestellt wird», sagte er der Deutschen Welle. «Der Papst hat nur gesagt, das Kondom ist keine 'Lösung'. Darüber sind sich hoffentlich alle einig», so der Pater. Die Lösung liege in der Überwindung der Armut.

Die UN-Organisation Unaids erklärte in Genf, Kondome seien ein wichtiger Bestandteil der Aids-Prävention. Allerdings gebe es kein «Allheilmittel» gegen die Immunschwächekrankheit. In der Aufklärungsarbeit müsse es deshalb auch darum gehen, die Zahl der Sexualpartner zu verringen. Weltweit erkranken nach Angaben von Unaids täglich mehr als 7.400 Menschen an Aids.

Auch die Direktorin des Deutschen Instituts für Ärztliche Mission, Gisela Schneider, unterstrich die Vielschichtigkeit der Aids-Problematik. «Kondome alleine können die Gefahr nicht bannen, sie sind aber eine wichtige Waffe im Kampf gegen Aids», sagte Schneider in Tübingen dem epd. Eine erfolgreiche Aids-Prävention müsse auch kulturelle Fragen, etwa im Bereich der Geschlechterrollen, berücksichtigen.
Vatikansprecher: Kirche behält Linie zur Aids-Frage bei
Papst Benedikt XVI. will nach Worten von Vatikansprecher Federico Lombardi bei seiner Afrika-Reise keine neuen Akzente zum Thema Aids setzen. Mit seinem Statement vor dem Eintreffen in Kamerun habe der Papst lediglich die Position seines Vorgängers Johannes Paul II. in dieser Frage bekräftigt, sagte Lombardi am Mittwoch vor Journalisten in Yaounde. Die katholischen Kirche setze im Kampf gegen den HI-Virus auf eine entsprechende Sexualerziehung, auf wirksame Therapien, um die Weitergabe des Virus von infizierten Müttern auf ihre Kinder zu unterbrechen, sowie auf eine soziale und seelsorgliche Begleitung der Betroffenen.

Lombardi wandte sich gegen eine «Ideologie des Vertrauens auf Kondome». Der Rückgriff auf Präservative als Lösung des Aids-Problems verkenne die Bedeutung, die Aufklärung und verantwortliches Sexualverhalten in diesem Zusammenhang hätten.
Außerdem geschehe ein nicht geringer Teil der Ansteckungen nicht auf sexuellem Weg, sondern aufgrund mangelnder Hygiene. Die Kirche stehe den Kranken und Leidenden nicht gleichgültig gegenüber, sondern zeige im Gegenteil traditionell ein großes Engagement im Gesundheitswesen. Mit Blick auf Aids betone sie aber zugleich die persönliche Verantwortung und den Wert der Ehe, so der Vatikansprecher.

Am Morgen hatte Benedikt XVI. außerhalb seines offiziellen Programms in der kamerunischen Hauptstadt 67 Teilnehmer eines Aids-Projekts begrüßt. Die jungen Mediziner und Sozialarbeiter aus verschiedenen afrikanischen Staaten absolvieren derzeit einen Fortbildungskurs in neuen Therapien gegen Aids. Die Veranstaltung ist Teil des «Dream»-Programms der katholischen Gemeinschaft Sant'Egidio, die sich in der medizinischen Begleitung von HIV-Infizierten einsetzt. Benedikt XVI. betrachtet die Initiative als vorbildlich und wegweisend im Kampf gegen Aids.