#OutInChurch-Vorstand über Ziele des Vereins

"Es gibt noch viel zu tun"

Vor einem Jahr ist die Initiative #OutInChurch an die Öffentlichkeit gegangen. Um nun ihre Arbeit für eine Erneuerung der Sexualmoral in der katholischen Kirche zu verstetigen, haben die Mitglieder einen Verein gegründet.

Initiative #outinchurch / © Julia Steinbrecht (KNA)
Initiative #outinchurch / © Julia Steinbrecht ( KNA )

DOMRADIO.DE: #OutInChurch - das steht für das bislang wohl größte Outing innerhalb der katholischen Kirche. Jetzt ist das auch der Name des Vereins geworden, der sich aus der Initiative #OutInChurch gegründet hat. Wie kam es zu dem Entschluss, einen Verein zu gründen?

Burkhard Hose, Hochschulpfarrer aus Würzburg, am 27. März 2021 in Bonn. / © Harald Oppitz (KNA)
Burkhard Hose, Hochschulpfarrer aus Würzburg, am 27. März 2021 in Bonn. / © Harald Oppitz ( KNA )

Burkhard Hose (Hochschulpfarrer in Würzburg und Vorstand #OutInChurch): Wir haben gemerkt, dass wir uns in unserer Arbeit verstetigen wollen. Es war ja ein sehr bewegtes Jahr für die 120 Menschen, die sich vor einem Jahr gemeinsam an die Öffentlichkeit getraut haben, sich gezeigt haben.

Burkhard Hose

"Bei der Sexualmoral hat sich noch gar nichts bewegt."

Wir sind damals mit Forderungen an die Öffentlichkeit gegangen und haben im Lauf des Jahres gemerkt, einige unserer Forderungen sind schon auf dem Weg wie das kirchliche Dienstrecht, aber es gibt noch viel zu tun.

Bei der Sexualmoral hat sich noch gar nichts bewegt. Wir wollten uns jetzt noch mehr untereinander stärken und vernetzen mit anderen kirchlichen Gruppierungen.

DOMRADIO.DE: Wenn man jetzt sagt, #OutInChurch ist keine Initiative mehr, sondern ein Verein, dann ist das leicht gesagt. Was bedeutet das konkret? Was ändert sich jetzt für #OutinChurch?

Hose: Konkret bedeutet das, dass wir uns eine Satzung gegeben haben. Bei dem Gründungstreffen in Köln waren über 100 Menschen dabei. Es geht auch darum, dass Menschen, die uns mit Spenden unterstützen wollen, eine Möglichkeit haben, diese Spenden auch zu überweisen, dass wir da auch transparenter arbeiten können.

Es bedeutet, dass wir auch ansprechbar werden für andere Organisationen und kirchliche Reformengruppen, aber eben auch für gesellschaftliche Gruppen, die sich eine Förderung von Diversität und Vielfalt auf die Fahnen geschrieben haben. Das alles wird jetzt leichter. Wir werden natürlich auch gegenüber der Bischofskonferenz deutlicher wahrnehmbar. Eine bessere Organisationsstruktur ermöglicht auch gezieltere Gespräche.

DOMRADIO.DE: Sie sind jetzt Teil des Vorstands gemeinsam mit sechs anderen Mitgliedern von #OutInChurch. Was sind das für Menschen?

Hose: Unser Vorstand bildet eigentlich genau das ab, was wir auch mit #OutInChurch in der Kirche sichtbar machen wollen, nämlich Diversität und Vielfalt. Wir sind nicht nur altersgemäß eine sehr gemischte Gruppe, sondern auch von unseren Berufen. Es sind eine Dogmatikprofessorin, eine Person, die ihr Studium gerade beendet hat, dabei und vor allem sind auch die sexuellen und geschlechtlichen Identitäten abgebildet in unserer Runde.

Wir haben darauf geachtet, beziehungsweise es hat sich eigentlich auch automatisch ergeben, dass wir auch im Vorstand das abbilden, was wir sein wollen: eine bunte und sehr vielfältige Gruppe innerhalb der Kirche.

DOMRADIO.DE: Was bedeutet Ihnen, Teil des Vorstands zu sein? Sicherlich auch eine hohe Verantwortung, oder?

Hose: Es ist eine hohe Verantwortung. Das ist mir beim Gründungstreffen noch mal bewusst geworden, weil im Raum wirklich viele Menschen waren, die ich bisher eigentlich auch nur über Onlinekonferenzen kannte und die ganz unterschiedliche Lebensgeschichten mitbringen, manche auch Leidgeschichten, die auch unterschiedliche Erwartungen haben an den Verein.

Burkhard Hose

"Das hat mich an dem Wochenende wirklich berührt, dass es so viele Menschen sind, die auch wirklich eine ganz starke Glaubensüberzeugung mitbringen"

Wir haben auch darüber diskutiert, ob es um eine Überwindung des Systems Kirche an sich oder um eine Veränderung geht. Ich hoffe doch sehr und erwarte das auch für mich, dass es, so habe ich das auch bei der Gründung erlebt, auch eine spirituelle Stärkung wird.

Das hat mich an dem Wochenende wirklich berührt, dass es so viele Menschen sind, die auch wirklich eine ganz starke Glaubensüberzeugung mitbringen, dass wir das Evangelium im Rücken haben, um diese Kirche vielleicht zu verändern oder vielleicht auch in Teilen dieses System, das Menschen unsichtbar macht, abwertet, dass wir dieses System auch überwinden.

DOMRADIO.DE: Was plant #OutInChurch konkret als Verein? Was sind Ihre nächsten Schritte und ersten Ziele, die Sie erreichen möchten?

Hose: Der nächste Schritt ist, mit der Bischofskonferenz noch mal gezielt ins Gespräch zu kommen. Es gab ja viele freundliche Töne seitens vieler Bischöfe im vergangenen Jahr, aber konkrete Gespräche sind nur ganz selten zustande gekommen.

Wir wollen auch noch mal auf das kirchliche Dienstrecht zu sprechen kommen, weil es Menschen in unseren Reihen gibt, die sich da noch nicht sicher fühlen. Trotz der Änderung des kirchlichen Dienstrechts gibt es Transpersonen, Menschen, die nicht in das binäre Geschlechtersystem hineinpassen.

Wir wollen vor allem darauf drängen, das wird auch einer der nächsten Schritte sein, dass auch noch mal die kirchliche Sexualmoral mit auf die Diskussionsebene kommt.

Bei dem Ad-limina-Besuch der Bischöfe in Rom im Herbst 2022 waren die Signale eher ernüchternd oder frustrierend für manche von uns. Viele sind auch wieder in die Deckung gegangen, in die Unsichtbarkeit. Das wollen wir zur Sprache bringen. Da muss auch die Deutsche Bischofskonferenz und der Synodale Weg noch mal ein deutliches Signal setzen, auch in Richtung Rom. 

Das Interview führte Tobias Fricke.

#OutInChurch

Es ist eine große konzertierte Aktion: Auf einer Internetseite und im Rahmen einer Fernsehdokumentation haben sich 125 Menschen in der katholischen Kirche geoutet. Sie alle sind haupt- oder ehrenamtlich in der Kirche tätig und zugleich Teil der queeren Community, wie die Initiative "#OutInChurch - für eine Kirche ohne Angst" mitteilte. Die Initiative fordert unter anderem, das kirchliche Arbeitsrecht so zu ändern, "dass ein Leben entsprechend der eigenen sexuellen Orientierung und der geschlechtlichen Identität" nicht zur Kündigung führe. (KNA, 24.1.2022)

 © Julia Steinbrecht (KNA)
© Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
DR