Ordensmann gegen Abbau religiöser Expertise in der Politik

Gegengift für religiös verbrämten Nationalismus

Der in Jerusalem lebende Benediktinerpater Nikodemus Schnabel kritisiert Pläne im Berliner Außenministerium, Expertise zur Bedeutung von Religionen zurückzufahren. Das Referat "Religion und Außenpolitik" soll wohl verschlankt werden.

Sitz des Auswärtigen Amts in Berlin / © Julia Steinbrecht (KNA)
Sitz des Auswärtigen Amts in Berlin / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Angesichts zunehmender Politisierung von Religion in vielen Teilen der Welt sei die drohende Abwicklung des Referates "Religion und Außenpolitik" der falsche Schritt, sagte er am Montagabend beim Willehad-Empfang der katholischen Kirche in Bremen.

Gegengift für religiös verbrämten Nationalismus

Religionsgemeinschaften seien die größten transnationalen zivilen Gemeinschaften und damit ein Gegengift für religiös verbrämten Nationalismus, so der Ordensmann. Ihre grundlegende Option für die Armen und ein nachhaltiger Umgang mit der Schöpfung machten Religionen zu einem wichtigen Partner für viele Anliegen nicht nur westlicher Regierungen. Dies gelte trotz eines vielfach wachsenden Fundamentalismus durch "religiöse Hooligans", so Schnabel, der 2018/2019 selbst als Berater für das Auswärtige Amt tätig war.

Nikodemus Schnabel / © Julia Steinbrecht (KNA)
Nikodemus Schnabel / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Als Migranten- und Flüchtlingsseelsorger der katholischen Kirche in Israel, Palästina, Jordanien und auf Zypern erlebe er auch im Nahen Osten sehr viele aufrichtige gläubige Gottsucher, die die Ideale ihres Glaubens lebten. Sowohl im türkisch besetzten Norden Zyperns als auch in der Republik im Süden seien es gerade christliche wie muslimische Religionsgemeinschaften, die sich nicht nur für Versöhnung engagierten, sondern auch im Kampf gegen den Klimawandel.

Die schwedische Regierung, so Schnabel, spreche wegen diesbezüglicher Kooperationen kaum noch mit zyprischen Politikern, sondern mit Religionsvertretern. Dies könne ein guter Anreiz sein auch für die von Grünen-Politikern geführte deutsche Umwelt- und Außenpolitik.

Dank an die Kirche

Beim Empfang im Bremer Rathaus dankte Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) der Kirche für ihren vielfältigen Einsatz in der Stadt.

Blick auf Bremen / © Maykova Galina (shutterstock)

Mit Gläubigen aus rund 120 Nationen sei sie ein Abbild der Hansestadt und ein "wichtiger Player" im gesellschaftlichen Miteinander. Mit Blick auf ein von der katholischen Kirche Bremens formuliertes Leitbild, entstanden auch aus dem Skandal um sexualisierte Gewalt, sei er zuversichtlich, dass die dringend notwendige Aufarbeitung gelinge.

Auswärtiges Amt

Der Begriff Auswärtiges Amt geht auf die gleichnamige Institution des Norddeutschen Bundes aus dem Jahr 1870 und des Deutschen Reiches von 1871 zurück. Dieser Name hat sich bis heute für das deutsche Außenministerium erhalten. Zu Zeiten Bismarcks gab es im Auswärtigen Amt lediglich zwei Abteilungen: die Politische Abteilung und eine zweite Abteilung für Bereiche wie Außenhandel und Rechts- und Konsularwesen.

Auswärtiges Amt in Berlin / © Marius Becker (dpa)
Auswärtiges Amt in Berlin / © Marius Becker ( dpa )
Quelle:
KNA