Ordensleute ernähren sich offenbar öfter wieder fleischarm

Zurück zur Weisheit der Mönchsväter?

Früher versprachen sich Klöster vom Verzicht auf Fleisch eine Zügelung sexueller Lust. An Freitagen und Hochfesten soll traditionell auf Fleisch verzichtet werden. Heute gibt es aber noch eine andere Motivation, fleischarm zu essen.

Autor/in:
Andreas Otto
Küchenpersonal stellt mit Essen angerichtete Teller auf einen Servierwagen in der Küche der Benediktinerabtei Plankstetten am 28. September 2022 in Berching. Ein Ordensmann steht dahinter / © Julia Steinbrecht (KNA)
Küchenpersonal stellt mit Essen angerichtete Teller auf einen Servierwagen in der Küche der Benediktinerabtei Plankstetten am 28. September 2022 in Berching. Ein Ordensmann steht dahinter / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Weniger Fleischkonsum bedeutet mehr Schutz für die Umwelt: Denn die Produktion tierischer Lebensmittel frisst mehr Ressourcen und verursacht mehr Treibhausgase als die Herstellung pflanzlicher Kost. Jenseits ökologischer Vorgaben hat der Verzicht auf Fleisch eine lange Tradition. 

Mönchsvater Benedikt von Nursia (um 480-547) gab in seiner Ordensregel den Mitbrüdern auf, auf Tierisches zu verzichten. Was mal mehr und was mal weniger umgesetzt wurde oder wird. Aber die Klostertradition gewinnt neue Aktualität. Grundsätzlich ist der Verzehr von Fleisch im Christentum nicht verboten.

Hieronymus lieferte entscheidenden Impuls zum Fleischverzicht

In der biblischen Überlieferung habe der Fleischverzicht keine tragende Bedeutung erlangt, schreibt der Theologe Hubertus Lutterbach in einem Aufsatz. Entsprechend habe auch die alte Kirche den Verzicht auf Fleisch nicht vorgeschrieben – außer vor einigen Hochfesten. In Gedenken an den Tod Jesu soll auch freitags kein Fleisch verzehrt werden. 

Den entscheidenden Impuls für die Ausbreitung des Fleischverzichts unter Christen gab der im Jahr 420 gestorbene Kirchenvater Hieronymus. "Von der Zügellosigkeit, Fleisch zu essen", lautet ein Kapitel in seinem ersten Buch. Zwar schreibe er die Fleischabstinenz nicht verbindlich vor, so Lutterbach. 

Bild des heiligen Hieronymus / © José Pessoa (KNA)
Bild des heiligen Hieronymus / © José Pessoa ( KNA )

Aber zugleich betone der Kirchenvater: "Wenn Du vollkommen sein willst, ist es gut, keinen Wein zu trinken und kein Fleisch zu essen." Hieronymus schwebte vor, dass sich die Menschen wie in den paradiesischen Anfängen des Menschengeschlechts nur von dem ernähren, was der Erdboden hervorbringt – also von Pflanzen. 

Wein und Fleisch als Anreger des "Geschlechtstriebs"

Der Kirchenvater ging aber auch davon aus, dass Fleisch – wie auch der Wein – zur "Anregung des Geschlechtstriebs" führe. Und trat daher entschieden dafür ein, die Leidenschaft mittels Abstinenz vom Fleischlichen zu zügeln. Die Maßgabe prägte das Klosterleben nachhaltig. 

"Fleisch sollen sie als Speise niemals zu sich nehmen", heißt es etwa in der Regel des Aurelian von Arles (+551) für Nonnen. Isidor von Sevilla (+633) erlaubt immerhin, Speisen an hohen Feiertagen mit tierischem Fett zuzubereiten. Und relativ liberal kommt die Magisterregel aus der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts daher: "Von Ostern bis Pfingsten und vom Geburtsfest des Herrn bis Epiphanie wird bezüglich des Fleischgenusses Freiheit gelassen."

 Allerdings müssen die Fleisch essenden Brüder "getrennt von ihrer Zehnerschaft an eigenen Tischen sitzen", damit "die Lauterkeit der Entsagenden nicht befleckt erscheine". Mönchsvater Benedikt bestimmte Mitte des 6. Jahrhunderts: "Alle, mit Ausnahme der sehr Schwachen sowie der Kranken, sollen sich vom Fleisch der Vierfüßler enthalten." 

An der Geflügel-Frage schieden sich die Geister 

Im Orden wurde darum gerungen, ob Geflügel erlaubt ist. Für Hildemar von Corbie-Civate (+850) war auch Federvieh tabu, zumal dieses "doch weitaus leckerer schmecke als das Fleisch vierfüßiger Tiere". Hrabanus Maurus dagegen meinte, Benedikt halte Geflügel nicht für schädigend – ebenso wenig wie Fische, die Christus selbst nach seiner Auferstehung gegessen habe. 

BRISTOW, VIRGINIA - APRIL 26, 2015: Detail of stained glass window depicting face of St. Benedict of Nursia, founder of Benedictine Order, located in chapel of St. Benedict Monastery / © Nancy Bauer (shutterstock)
BRISTOW, VIRGINIA - APRIL 26, 2015: Detail of stained glass window depicting face of St. Benedict of Nursia, founder of Benedictine Order, located in chapel of St. Benedict Monastery / © Nancy Bauer ( shutterstock )

Seit der Neuzeit wird Fleischverzicht in den Benediktinerklöstern nicht mehr als bindend verstanden, wie Novizenmeister Frank Möhler von der Abtei Münsterschwarzach erläutert. "Da hat ein Traditionsbruch stattgefunden." Entgegen Benedikts Vorgaben gebe es ja auch keine gemeinsamen Schlafsäle mehr. 

"Schon in der Regel selbst ist eine Entwicklung festzustellen, nicht mehr absolut an überkommenen asketischen Bräuchen festzuhalten, wenn man davon nicht mehr überzeugt ist", so Pater Frank. Benedikt erlaube etwa den Genuss von Wein, obwohl dieser traditionell nicht für Mönche passe. 

Weniger Fleisch wird in Klöstern heute wieder zum Trend

Die Missionsbenediktinerin Aquinata Böckmann versteht Benedikts Maßgaben heute als Aufruf, genügsam zu leben und ein Übermaß zu vermeiden. In ihrem Kommentar zur Benedikt-Regel verweist sie auf das aktuelle Kernanliegen, die Schöpfung zu bewahren. 

Ein Baum wirft am 11. Oktober 2023 einen Schatten auf den Schriftzug der Klostermetzgerei an einer Hauswand der Abtei Münsterschwarzach in Schwarzach / © Harald Oppitz (KNA)
Ein Baum wirft am 11. Oktober 2023 einen Schatten auf den Schriftzug der Klostermetzgerei an einer Hauswand der Abtei Münsterschwarzach in Schwarzach / © Harald Oppitz ( KNA )

In Münsterschwarzach wird gemäß der klösterlichen Tradition mittwochs und freitags auf Fleisch verzichtet, inzwischen aber auch montagmittags. Wenn Fleischgerichte auf den Tisch kommen, wird alternativ auch Vegetarisches angeboten. "Weniger Fleisch ist auch im Kloster der Trend", so Pater Frank. 

Unter Ordensleuten wächst das ökologische Bewusstsein

Als Betreiberin einer Metzgerei versuche die Abtei auch, durch regionale Qualität und eigene Rindermast einer "Verbilligung" und "Veralltäglichung" von Fleischprodukten entgegenzuwirken. Die Benediktiner in Ottobeuren bekommen dasselbe Essen wie die Besucher ihres Gäste- und Tagungshauses – und damit mehrmals in der Woche Fleisch. 

"Andererseits wächst auch bei unseren Mitbrüdern das Öko- und Klimabewusstsein, so dass ich mir gut vorstellen könnte, das Thema Ernährung im Konvent genauer zu reflektieren", so Abt Johannes Schaber. Die Benediktiner der Abtei Maria Laach in der Eifel essen an drei Tagen pro Woche fleischlos, so Prior-Administrator Petrus Nowack. 

In Kornelimünster bei Aachen ernähren sich die fünf Mitbrüder jeden Wochentag vegetarisch. Das habe ein von der Katholischen Jungen Gemeinde geprägter Mitbruder vor sechs Jahre angeregt, so Prior Oliver. "Wir wollen nachhaltiger leben."

Benediktinerorden

Die Benediktiner sind die älteste heute noch bestehende klösterliche Bewegung der katholischen Kirche im Westen. Der Orden geht zurück auf die Regel des heiligen Benedikt von Nursia (480-547). In seiner heutigen Form wurde er 1893 von Papst Leo XIII. (1878-1903) gebildet. Als benediktinisch im weiteren Sinne gelten alle Ordensgemeinschaften, die nach der Regel Benedikts leben, etwa Zisterzienser und Trappisten.

Ein Benediktiner geht durch einen Klosterflur / © Simon Koy (KNA)
Ein Benediktiner geht durch einen Klosterflur / © Simon Koy ( KNA )
Quelle:
KNA