Olympiapfarrer Hans-Gerd Schütt im Peking-Blog für domradio.de - Freitag, 8. August

Teil 4: Es ist soweit

Ich komme gerade von der berühmten chinesischen Mauer. Heute ist so ein Tag, wo man nicht so viel anfangen kann im olympischen Dorf, denn der Tag der Eröffnung ist ganz anderes strukturiert als normal. Das heißt, dass die olympischen Buslinien heute nicht fahren, so dass das olympische Dorf wesentlich schwieriger zu erreichen ist. Und natürlich sind alle in den Vorbereitungen auf die Eröffnungsfeier heute Abend.

 (DR)

Unsere Mannschaft muss mehrere Stunden vorher schon bereitstehen, damit sie auch pünktlich zum Stadion kommt. Allerdings ist es einfacher als in Athen, wo man eine mehrere Kilometer lange Busreise hinnehmen musste. Damit das alles funktioniert, tut sich ab Mittag nichts. So sind wir heute, mein evangelischer Kollege und ich, zu Besuch beim Jugendlager der deutschen olympischen Gesellschaft. Das sind die jungen Leute die in ihrer Freizeit ehrenamtlich dafür sorgen dass an der Basis der olympische Gedanke wachsen soll und auch hinüber gerettet wird.

Und zufällig fuhren sie zur chinesischen Mauer, haben uns mitgenommen und wir konnten uns im Bus über ihre und unsere Arbeit unterhalten. Die Mauer war sehr beeindruckend und gibt einem einen guten Eindruck von diesem riesigen Land, wenn man bis zum Horizont verfolgen kann, wie sich die Mauer durch die Landschaft schlängelt. Beeindruckt hat mich aber auch, mit welcher Motivation und Ernsthaftigkeit diese jungen Leute hier ehrenamtlich arbeiten. Ich finde es wichtig, dass  sowas auch beachtet wird, neben all den Problemen und Schwierigkeiten, die die Weltöffentlichkeit mit diesen Spielen hat. Es gibt den olympischen Gedanken und hier wird er gelebt, fern von Sponsoring, Zensur und Doping.

Wie auch in Turin und Athen werde ich nicht bei der eigentlichen Eröffnungsfeier dabei sein. Das liegt daran, dass man für besondere Veranstaltungen, wie die Eröffnungsfeier eine ist, besondere Eintrittskarten benötigt. Wir ziehen ja auch nicht mit den Sportlern ein, da die Teilnehmerzahl begrenzt ist und da ist es natürlich klar, dass die Sportler den Vortritt haben. Wir werden entweder von einem der drei offiziellen Public-Viewing-Plätze am Platz des Himmlischen Friedens zuschauen oder im Deutschen Haus. Obwohl mich das Public Viewing mehr reizen würde: Ist das hier so wie bei uns während der Weltmeisterschaft? Darf da wirklich jeder rein und mitfeiern? Ich würde mir wünschen, dort in den Begeisterungstaumel eintauchen zu können.

Die Stimmung, die wir bisher mitbekommen haben ist fröhlich und locker, aber auch nicht übertrieben enthusiastisch. Es gibt Plätze, wie z.B. der des Himmlischen Friedens, die besonders prunkvoll gestaltet sind. Was mir auffällt ist, dass man sehr wenige Touristen sieht. Ich hätte mit mehr gerechnet, aber es kann auch sein, dass die halt grade nicht da sind wo ich bin. Ansonsten ist die Stadt ganz normal, nur der Verkehr ist wesentlich geringer als sonst. Das liegt an der strengen Regelung, dass an bestimmten Tagen nur Autos mit bestimmten Nummernschildern in die Stadt dürfen. Sowas gibt es in London ja glaube ich auch. Der Platz des Himmlischen Friedens ist sehr beeeindruckend, hier ist auch die große Olympia-Uhr, die seit Jahren den Countdown bis zur Eröffnung anzeigt. Und jetzt sind es nur noch wenige Stunden.

Trotzdem ist einem auch immer etwas mulmig zu Mute auf diesem Platz. Der alte Mao schaut stets auf einen herab, von seinem Konterfei am Eingang der Verbotenen Stadt. Und natürlich hat man immer noch die schrecklichen Bilder des Studentenaufstands von 1989. Es ist klar, dass dieses Thema auch bei den Sportlern im Hintergrund mitschwingt, grade wenn man aus unserem Land kommt und somit die Situation kennt, sich in Freiheit bewegen zu können. Aber man muss auch bedenken, dass die Sportler versuchen, sich den Kopf freizuhalten und absolut auf ihren Wettkampf konzentriert sind.

Und jetzt sind alle froh, dass es los geht nach so einer langen Zeit der Vorbereitung. Die allgemeine Stimmung ist sehr gut, das liegt auch daran dass das olympische Dorf sehr schön und auch der internationale Bereich sehr schön ist. Zwischen den Häusern sind kleine Parkanlagen mit Bächen, Ruhezonen und sehr viel Grün. Viele Sportler, die schon mehrere Olympische Spiele mitgemacht haben, sagen, dass es das schönste Olympische Dorf ist, was es je gegeben hat.

Liebe domradio.de-Leser: Ich wünsche Ihnen und uns allen eine wunderschöne Eröffnungsfeier und friedliche, spannende Spiele!.