Ohios Gouverneur will Transgender-Behandlungen für Kinder

Katholischer Regierungschef streitet mit seiner Partei

Ohios Gouverneur bietet seiner Partei im Umgang mit minderjährigen Trans-Personen überraschend die Stirn. Mike DeWine nennt sein Veto gegen ein restriktives Gesetz "pro Life". Doch die Republikaner könnten ihn überstimmen.

Autor/in:
Thomas Spang
Symbolbild Transgender / © Andrii Zastrozhnov (shutterstock)
Symbolbild Transgender / © Andrii Zastrozhnov ( shutterstock )

Das Gesetzesvorhaben des US-Bundesstaates Ohio mit dem Aktenzeichen HB68 gehört zu den striktesten seiner Art: Es soll alle gendermedizinischen Behandlungen für Minderjährige verbieten - also auch die Einnahme von Pubertätsblockern. Überdies ist vorgesehen, Trans-Mädchen von weiblichen Sportgruppen auszuschließen.

Alles, was zum Inkrafttreten noch fehlt, ist die Unterschrift von Gouverneur Mike DeWine. Doch der konservative Politiker stellt sich überraschend quer.

Etliche republikanische Amtskollegen anderer Bundesstaaten betrachten das Thema als willkommene Gelegenheit, um mit Verboten bei ihren Wählergruppen zu punkten. Doch DeWines Unbehagen war so groß, dass er vor rund einer Woche sein Veto gegen HB68 einlegte. Die Begründung des Katholiken ließ landesweit aufhorchen.

Überraschendes Veto des katholischen Politikers

"Ich glaube, dass die Eltern, nicht die Regierung, solch wichtige Entscheidungen für ihre Kinder treffen sollten", so DeWine. Die Eltern wüssten am besten, welche medizinische Behandlung für ihre Kinder sinnvoll sei - und welche nicht. Dem Gesetzgeber stehe es nicht zu, dieses Entscheidungsrecht für "das wichtigste Geschöpf in ihrem Leben" zu beschneiden.

Viele Republikaner wollen mit dem Thema im Wahlkampf punkten / © Bryon Houlgrave (dpa)
Viele Republikaner wollen mit dem Thema im Wahlkampf punkten / © Bryon Houlgrave ( dpa )

Damit ergriff der Gouverneur Partei für betroffene Mütter wie Minna Zelch. Sie hatte sich kürzlich bei einer Anhörung vor dem Ohio Statehouse beklagt. Sie verstehe nicht, weshalb sie einerseits in allen anderen wichtigen Fragen über ihr Kind entscheiden dürfe. "Aber zugleich sollen wir nicht qualifiziert sein, um zu beurteilen, ob es eine Transgender-Behandlung bekommen soll", so ihr Einwand. Dieses Recht dürfe keiner Familie genommen werden.

Kritik von Parteikollegen

Der Appell blieb in der Kammer mit republikanischer Mehrheit so ungehört wie Hunderte ähnliche Eingaben. Die Verfasser hatten - mit unterschiedlichen Argumenten - darauf gedrängt, gendermedizinische Behandlungen nicht pauschal zu verbieten. Ohnehin sei die Angst weitgehend unbegründet: Einschlägige operative Eingriffe bei Minderjährigen kämen in Ohio praktisch nicht vor. Der Präsident des Kinderkrankenhaus-Verbandes von Ohio, Nick Lashutka, bestätigte dies bei den Beratungen zu HB68.

DeWine erhielt zwar viel Beifall von Trans-Lobbygruppen, aber zugleich harsche Kritik von Parteikollegen. Er sei "der schlechteste Gouverneur Amerikas", schimpfte die Abgeordnete Jena Powell. Und der einflussreiche Secretary of State, Frank LaRose, der unter anderem die Einhaltung von Gesetzen in Ohio überwacht, sagte: "Wir haben die Pflicht, Kinder vor lebensverändernden medizinischen Prozeduren vor dem 18. Lebensjahr zu schützen." LaRose forderte die Abgeordneten auf, das Veto des Gouverneurs zu überstimmen.

Entscheidung "für das Leben"

Für Mittwoch ist zu dieser Frage bereits eine Sondersitzung angesetzt. DeWine gab am Freitag eigens eine Pressekonferenz, in der er Kritikern den Wind aus den Segeln nahm. Er habe mit seinem Veto eine Entscheidung "für das Leben" getroffen, sagte der als Abtreibungsgegner bekannte 77-Jährige. Um seiner Partei entgegenzukommen, erließ er - in erster Linie symbolisch - ein Dekret, das gendermedizinische Operationen bei Minderjährigen verbietet.

Einen besonderen Fokus legt DeWine nun auf psychologische Hilfe für die Betroffenen. "Es ist klar, dass der wichtigste Teil die psychologische Beratung ist. Sie muss langandauernd und umfassend sein", betonte er. Zudem wolle er die Datenlage verbessern. Es gebe bisher keine belastbaren Zahlen zum Phänomen Geschlechtsinkongruenz in Ohio. Das müsse sich ändern. HB68 gehe darauf jedoch überhaupt nicht ein, bemängelte der Gouverneur.

Quelle:
KNA