Österreichs Bischöfe beschließen Maßnahmen gegen Missbrauch

"Dunkle Seite der ganzen Gesellschaft"

Österreichs Bischöfe haben ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Aufarbeitung und Verhinderung von Missbrauch und Gewalt in der Kirche beschlossen. Primäres Ziel aller Bemühungen seien "Hilfe und Gerechtigkeit für die Opfer", erklärte die Bischofskonferenz am Mittwoch in Mariazell.

 (DR)

«Gemeinsam mit Papst Benedikt XVI. bitten wir Gott und die betroffenen Menschen inständig um Vergebung und versprechen zugleich, dass wir alles tun wollen, um solchen Missbrauch nicht wieder vorkommen zu lassen», betonten die Bischöfe.

Zu diesem Zweck wurde in jeder Diözese eine Ombudsstelle eingerichtet. Sie sind für den Erstkontakt, eine erste Klärung von Verdachtsfällen sowie für die Rechtsberatung und Begleitung der Opfer zuständig. Die Ombudsstellen sollen von unabhängigen Fachleuten geleitet werden. Zuletzt verzeichneten die kirchlichen Stellen nach eigenen Angaben einen deutlichen Rückgang an Kontaktaufnahmen. Der Leiter der Wiener Ombudsstelle, Johannes Wancata, teilte am Mittwoch mit, im Mai habe es landesweit insgesamt 87 Kontakte gegeben. Im April seien es noch 287 und in den Monaten zuvor insgesamt 566 gewesen.

Zusätzlich zu den im Kirchenrecht vorgesehenen Maßnahmen für eine kirchliche Voruntersuchung wird neben der Ombudsstelle in jeder Diözese eine Kommission eingesetzt, die die Konsequenzen für den mutmaßlichen Täter mit dem Bischof berät. Bei begründetem Verdacht werde der Betreffende bis zur endgültigen Klärung und «in enger Kooperation» mit den staatlichen Stellen außer Dienst gestellt. Erhärte sich der Verdacht, empfiehlt die Ombudsstelle dem Opfer, Anzeige zu erstatten.

Der mutmaßliche Täter soll den Leitlinien zufolge zur Selbstanzeige aufgefordert werden. Bestehe die Gefahr, dass durch ihn «weitere Personen zu Schaden kommen könnten», werde der Sachverhalt auf Initiative der Kirche zur Anzeige gebracht, stellen die Bischöfe klar.

Die diözesanen Ombudsstellen übernehmen als erste Anlaufstelle für Opfer die Kosten der Therapien. Zusätzlich richten die Bischöfe eine «Stiftung Opferschutz» ein, «um den Opfern rasch, unbürokratisch, menschlich und angemessen zu helfen». Die Stiftung soll für Therapiekosten sowie für Schmerzensgeld- und Schadensersatzzahlungen aufkommen. Das Geld dafür werde nicht aus dem allgemeinen Kirchenetat bereitgestellt, sondern beim Täter oder bei einer verantwortlichen Institution eingefordert.

Sexueller Missbrauch sei eine dunkle Seite der ganzen Gesellschaft, betonen die österreichischen Bischöfe. Die meisten Fälle passierten nachweislich im familiären Umfeld und in anderen gesellschaftlichen Bereichen. Dieser Hinweis soll aber «die Verantwortung der Kirche im eigenen Bereich nicht kleinreden», heißt es. Man wisse, dass «für die Kirche hohe ethische Ansprüche gelten, an denen sie zu Recht gemessen wird».

Ombudsmann Wancata betonte, Kontakte mit den Ombudsstellen seien nicht mit wirklichen Fällen von Gewalt oder sexuellem Missbrauch gleichzusetzen. Neben der Meldung von konkreten Ereignissen gebe es auch viele Anfragen, vage Schilderungen oder Doppelmeldungen. «Die allermeisten Kontakte beziehen sich auf Vorfälle, die sich im Zeitraum der 60er bis 80er Jahre ereignet haben sollen», so Wancata.

Der Vorsitzende der Slowenischen Bischofskonferenz, Erzbischof Anton Stres, wertete den Missbrauchsskandal als die «größte Gefahr für die Glaubwürdigkeit der Kirche». In seiner Predigt bei der Bischofsversammlung sagte er: «Da wir nicht in unserem eigenen Namen auftreten, sondern uns als Boten Gottes selbst und seiner Autorität darstellen, ist jeder Missbrauch des Evangeliums Gottes für selbstsüchtige und lüsterne menschliche Zwecke ein Sakrileg.»

Der Erzbischof von Ljubljana (Laibach) bedauerte, dass «junge Menschen, die uns zur Erziehung anvertraut waren, die Beute der Lüsternheit einiger Priester» geworden seien. «Die Tatsachen sind schmerzhaft, unsere Aufgaben ebenfalls», so der Erzbischof: «Die Wahrheit über uns sind unsere Taten, nicht unsere Worte. Das gilt auch für die Kirche.»