Hoffnung als besonders strapazierte Tugend in Corona-Zeiten

Österlicher Weg ins Offene

Die Hoffnung stirbt zuletzt, heißt es stets. Aber stimmt das? In jeder Religion geht es um Hoffnung, so auch im Christentum. An Ostern steht die Hoffnung im Vordergrund, denn ohne Hoffnung wird es schwer im Leben.

Autor/in:
Andreas Öhler
Symbolbild Hoffnung, Segen / © Love You Stock (shutterstock)
Symbolbild Hoffnung, Segen / © Love You Stock ( shutterstock )

In diesen Tagen der Einschränkung wird eine der christlichen Tugenden besonders strapaziert: die Hoffnung. Während der Glaube in einer Pandemie wie dieser eher Halt bieten kann, und die Liebe die Verbindung zwischen isolierten Menschen überdauert, ist die Letztere unter den dreien ein ungedeckter Wechsel auf die Zukunft.

Die falsche Schwester der Hoffnung ist bekanntlich die Vertröstung. Sie tritt da auf, wo im Grunde Aussichtslosigkeit herrscht und spielt auf Zeit. Spüren die Menschen jedoch, dass sie nur hingehalten werden, verlieren sie die Grundvoraussetzungen für alles Hoffen: das Vertrauen.

Wortherkunft "Hoffnung"

Der mittelniederdeutsche Ursprung des Wortes "Hoffnung" ist treffend und schön: Hoffen leitet sich von dem Begriff hopen ab - (im englischen Wort Hope hat es sich erhalten). Hopen bedeutet hüpfen, vor Erwartung springen.

Wer erkennt bei diesem Bild nicht sofort das Kind in sich, das wir einmal waren, das in Vorfreude auf ein Ereignis, seiner Motorik freien Lauf lässt. Hoffnung weckt zuweilen den Übermut, der den Lauf der Dinge oft in sein Gegenteil verkehrt.

Die Nachtigall und die Kuh

In Sibirien erzählt man sich die Geschichte einer Nachtigall, die bei dem ersten warmen Frühlingshauch ihre Flügel ausbreitet und in immer höhere, leider auch kältere Sphären aufsteigt. Sie gefriert zu einem Eisklumpen und fällt zu Boden. Ihr Schicksal scheint besiegelt. Aber es trottet eine Kuh vorbei, die ihren Fladen genau auf der gefrorenen Nachtigall platziert. Der warme Dung taut das Eis, die Nachtigall spürt ihre Lebenskräfte wieder erwachen, streckt sich und fängt an lauthals zu zwitschern. Mit ihrem Freudengeschrei lockt sie einen Fuchs an, der sie auffrisst.

Diese Geschichte, so erzählen es die sibirischen Bauern, hat gleich vier "Moralen". Erstens: "Zu hoch nicht hinaus, das geht übel aus", heißt es in einem Lied von Bertolt Brecht. Zweitens: Wenn Du so tief im Unrat sitzt, sollst Du nicht singen. Drittens: Nicht jeder, der auf Dich sch..., ist Dein Feind. Viertens: Nicht jeder, der Dich aus der Sch... zieht, ist Dein Freund.

Hoffnung und was ihr folgt

Man könnte denken, dass Hoffnung etwas Fragiles ist, leicht zerbrechlich und schwer zu kitten. Doch wunderbarerweise wächst sie immer wieder nach, wurde sie einmal gestutzt, sie ist das Movens für unseren Überlebenstrieb.

Ohne eine positive Erwartungshaltung, würden wir in Hoffnungslosigkeit und Resignation verharren und zugrunde gehen. Denn die Hoffnung zieht oftmals eine Handlung nach sich und schweißt Menschen mit der gleichen Erwartung zusammen.

In jeder Religion steckt Hoffnung

Keine Religion kommt ohne Hoffnungskonstruktion aus. In den archaischen Kulturen spendete man Opfer, in der Erwartung, die Götter milde zu stimmen oder sie für glückliche Unternehmungen einzuspannen. Auch im Judentum, Islam und Christentum konstituiert sich über die gemeinsame Hoffnung überhaupt erst die Gemeinde. Sie eint der österliche Glaube, dass mit dem Tod nicht alles vorbei ist, sondern mit der Auferstehung das ewige Leben zuteil wird.

Kein christliches Hochfest hat die Dialektik zwischen Verzweiflung und Hoffnung, Schmerz und Trost, Trauer und Freude so in sich vereint wie Ostern mit seiner vorangehenden Passionszeit. In der Karwoche verstummen die Glocken, die Kreuze werden verhängt, der Schmerzensmann überdeckt den Erlöser.

Unterschiede in den Konfessionen

Es ist bemerkenswert, dass genau in dieser kontrastreichen Phase die Gewichtung der beiden Konfessionen recht unterschiedlich ist: Für die Protestanten ist der Karfreitag ein sehr wichtiger Feiertag, das Leiden des Heilands steht im Mittelpunkt des Luthertums.

Die Katholiken richten ihren Blick auf die Osternacht, mit dem Entzünden des Osterlichtes wird die Hoffnung auf die Auferstehung genährt - ein Dreischritt, der mit Christi Himmelfahrt und Pfingsten mit der Ausgießung des Heiligen Geistes zu seiner Vollendung kommt.

Ostern könnte uns nach so langer Zeit der Entsagung und der Entbehrung in diesem Jahr besonders als der Feiertag der Hoffnung erscheinen, aus dem Tal des Todes gibt es einen Weg ins Offene. Aber nicht zu laut jubilieren. Gefahr lauert am Weg.


Kreuzweg: Jesus stirbt am Kreuz (KNA)
Kreuzweg: Jesus stirbt am Kreuz / ( KNA )
Quelle:
KNA
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