Aber, so fährt er fort, selbst wenn man es übersetzen könnte: banales Leben gäbe es doch gar nicht. Schon alleine, weil es doch Leben sei. Und Leben sei kostbar, nicht banal.
Die Runde auf dem Podium schaut irritiert, durch das Publikum geht ein Raunen. Schließlich kommt dieser Satz, banales Leben gäbe es doch gar nicht, aus dem Mund von Ruth Pfau. Der Ordensfrau, die schon alleine deswegen das Leben von Hunderttausenden Menschen in Pakistan verändert hat, weil sie mit ihrem Team die Lepra dort besiegt hat. Von ihren Krankenhäusern und all den vielen Initiativen für Bildung und gegen Gewalt gar nicht zu sprechen.
Banales Leben gäbe es nicht, sagt ausgerechnet die Frau, die so gar nicht banal lebt. Für ihr Leben und wann dieses sich lohne, nur die allerhöchsten Maßstäbe anlegt. Ihre Richtschnur ist das Evangelium. Dass sie so konsequent auf ihr Leben anwendet, wie von uns Normalos nur ganz wenige. Einer dieser wenigen, sitzt auch auf dem Podium.
Rupert Neudeck. Als junger Mann hat er den Orden gesucht, der das Leben Jesu am radikalsten auf das eigene Leben anwendet. Er konnte ihn nicht finden. Selbst die Jesuiten fand er eher lasch. Als Rupert Neudeck die Tausenden Ertrinkenden vietnamesischen Bootsflüchtlinge im Fernsehen sieht, weiß er, was er zu tun hat: er nimmt eine Hypothek auf sein Haus auf, mietet ein Schiff, fährt damit ins Südchinesische Meer und zieht die Menschen aus dem Wasser. Ganz einfach. Über Zehntausende Bootsflüchtlinge sind es letztlich, die er so vor dem Ertrinken rettet. Wenn Sie mich fragen: Rupert Neudeck spielt mit in der Liga der Menschen, die sich nicht fragen brauchen, ob sich ihr Leben gelohnt hat.
Ich finde es nicht erstaunlich, dass diese beiden sich einig sind, dass es kein banales Leben gäbe. Erstaunlich finde ich, dass sie nicht von sich auf andere, also auf uns, schließen. Darauf, ob sich unser Leben lohnt.
Diese Antwort ist unsere Aufgabe.