oder: Sie schreiben doch so witzige Geschichten

Ich bin nicht lustig

Zu sagen der Anruf: "Sie schreiben doch so witzige Geschichten und wir suchen noch Jemanden, der an Karneval eine Lesung macht." hätte mich verblüfft - wäre übertrieben. Maßlos übertrieben.

Karneval Bützchen / © dpa
Karneval Bützchen / © dpa

Vor lauter Schreck konnte ich  gar nicht reden. Dabei bin ich nur sehr selten sprachlos. Das letzte Mal, dass ich sprachlos war,  ist mehr als 20 Jahre her und mein Mann machte mir einen Heiratsantrag.

Warum mich der Anruf nach zwei Jahrzehnten noch mal sprachlos machte? Weil man an Karneval lustig sein muss. Und ich bin ja viel. Aber nicht lustig.

Schon als Kind nicht. Nie verstand ich, warum Leute lachten. Ironie verstand ich auch nicht. Was für ein Schreck, als  in der 7. oder 8. Klasse mal eine ganze Arbeit über das Stilmittel der Ironie geschrieben habe. Ich fand's nicht lustig. Gerettet hat mich, dass ich die Streberin gab:

Lernte die Definition auswendig, Ironie ist, wenn man das Gegenteil von dem sagt, was man meint  - und prüfte dann Satz für Satz in der Klassenarbeit: meint der Autor das, was er schreibt – oder vielleicht doch das Gegenteil?

Die Arbeit war eins. Ironie verstand ich immer noch nicht. Wann Menschen lachen, auch nicht.

Einmal saß ich auf der  Bühne als Moderatorin, als plötzlich alle lachten. Ich hatte keine Ahnung warum. Aber  es musste mit mir zu tun haben, denn nur ich hatte gesprochen. Ich überlegte, was an meiner Rede wohl komisch war?

Als ich etwas potentiell Komisches gefunden hatte - versuchte ich es nochmal zu wiederholen. Die Leute lachten wieder.  Fortan betrieb ich mein persönliches Humorstudium.

Dabei half, dass ich beim Heiratsantrag dann doch noch meine Sprache wieder gefunden und „Ja“ gesagt hatte. Ich bin zwar nicht lustig. Aber - mein Mann ist komisch. 

Es ist zwar nicht immer lustig, einen komischen Mann zu haben, das nicht. Aber um das Lustige zu studieren, hilft es unbedingt.

Nach und nach habe ich aus diesen Studien Geschichten gemacht. Vielleicht kam deswegen der Anruf - ob ich nicht an Karneval meine witzigen Geschichten lesen könnte.  Na gut, war meine zögerliche Antwort, ich könne es ja mal probieren. Alle lustigen Wunderbargeschichten heraussuchen und an Karneval vorlesen.

Unter einer Bedingung: Damit alle Bescheid wissen und sich niemand beschweren kann.  Was für eine Bedingung, wollen Sie wissen?

Der Karnevalsabend heißt: Ich bin nicht lustig.