DOMRADIO.DE: Wie klein sind die Häuser?
Holger Ott (Geschäftsführer Katholische Jugendsozialarbeit Gelsenkirchen): Die Häuser sind sehr klein, wenn man es hört. Die haben eine Fläche von 12,5 Quadratmetern pro Wohneinheit. Das ist sozusagen ein mittleres Kinderzimmer.
DOMRADIO.DE: Wie kam es überhaupt dazu, dass die Häuser auf dem Gelände gebaut wurden? Wer hat sie gebaut?

Ott: Die Idee, solche Häuser zu bauen, hatten wir schon seit 15, 20 Jahren. Das Thema kam immer mal im Gespräch mit unserem Tischlermeister Matthias Scharnetzky auf. Scharnetzky war auch Bauleiter vor Ort. Wir haben überlegt, ob man sowas mal machen sollte, weil wir die technischen Möglichkeiten in der Einrichtung haben, um das auch mit unseren Jugendlichen herzurichten. Das erschien uns ein sehr werthaltiges Projekt, es fehlte nur der richtige Ansatz dafür.
DOMRADIO.DE: Was hat letztlich den Impuls gegeben?
Ott: Den Impuls hat unser Stadtdechant und Vorsitzender der Gesellschafterversammlung, Markus Pottbäcker, gegeben. Er kam auf uns zu und sagte, er habe eine ältere Dame aus Gelsenkirchen, die gerne eine größere Summe für ein besonderes Projekt spenden wollte. Es sollte sich aber um eine besondere soziale Aktivität handeln.
DOMRADIO.DE: Vier Männer haben die Straße verlassen. Sie haben ein eigenes kleines Zuhause. Wie wichtig ist das für Menschen, eine Tür hinter sich zu schließen und alleine sein zu können?
Ott: Ich glaube, das ist sehr wichtig. Alleine, dass es gut gelungen ist, in der Vorbereitung während der Bauphase ehemals Obdachlose anzusprechen und dafür gewinnen zu können, zeigt, dass das nicht nur eine fixe Idee ist, sondern praxisbezogen auch eine erfolgreiche Entwicklung möglich macht.

Es leben dort vier Männer im Alter, grob geschätzt zwischen 35 und Ende 50, die viele Jahre auf der Platte gelebt haben, die einen intensiven Kontakt zum Schwerpunktträger im Bereich der Obdachlosenhilfe, zum Caritasverband haben. Sie sind bei den offenen Anlaufstellen angesprochen worden und haben für sich die Chance gesehen, in so einer zwar kleinen, aber doch sehr gut ausgestatteten Wohnung individuell und unabhängig leben zu können.
DOMRADIO.DE: Wie kommen die Männer in ihrem neuen Alltag zurecht, was erzählen sie?
Ott: Ich glaube, sehr gut. Wir selber sind nicht mit der Betreuung beauftragt. Ich kenne die Männer alle aus dem ein oder anderen Treffen. Sie werden jedoch von einer Kollegin des Caritas-Verbandes im betreuten Wohnen begleitet. Sie hat einen sehr guten Kontakt zu den Männern und ist regelmäßig vor Ort, denn sie begleitet sie bei ihrer Lebensführung. Das heißt, Anträge stellen, Behördengänge organisieren, aber auch das Häusliche regeln und der Einsamkeit ein bisschen vorbeugen. Das scheint sehr gut zu gelingen.

DOMRADIO.DE: Welche Rolle spielt die Kirche, die Pfarrei St. Urbanus für die vier Männer?
Ott: Die ist wichtig oder sie wird wichtig werden. Wir haben mit dem Standort St. Michael einen guten Ort gefunden, weil wir dort ein sozial-pastorales Zentrum der Großgemeinde Urbanus haben. Die zwei professionell dort tätigen Fachkräfte haben unsere vier neuen Mieter sehr positiv aufgenommen. Sie haben sich mit uns auf diesen Prozess schon über zwei Jahre vorbereitet.
Es gibt dort eine Kleiderkammer, ein offenes Café, einen Kindergarten oder eine Kindertagesstätte. Im Pfarrhaus daneben entstehen Wohnungen für Familien mit besonderem Begleitungsbedarf, die dann voraussichtlich auch vom Caritas-Verband begleitet werden.
Es gibt viele anschlussfähige Strukturen für die vier Mitmieter von uns. Das heißt, sie können auf diese Themen zugehen, können sich dort Hilfe holen. Sie haben auch die Möglichkeit, dort gegebenenfalls bei der ein oder anderen Aktivität mitzuarbeiten. Sie haben aber unverändert auch die Möglichkeiten, einfach die Tür zuzumachen, das Rollo runter zumachen und für sich alleine zu sein. Sie haben aber auch den Kontakt untereinander, der, glaube ich, sehr positiv ist.
Das Interview führte Carsten Döpp.