NRW-Sozialbericht: Wohlfahrtsverbände kritisieren Kinderarmut

Die Schere öffnet sich weiter

Die Schere zwischen Arm und Reich geht auch in NRW weiter auseinander. Das geht aus dem am Mittwoch in Düsseldorf von Sozialminister Karl-Josef Laumann vorgelegten Sozialbericht NRW 2007 hervor. Danach sind vor allem Kinder und Jugendliche von dem leicht ansteigenden Armutsrisiko betroffen. Die freien Wohlfahrtsverbände in NRW fordern Konsequenzen.

 (DR)

Gut ein Drittel der Betroffenen sind Kinder und Jugendliche
Nach den jetzt vorgestellten Zahlen hat sich das Armutsrisiko seit 2000 um 0,6 Prozent auf 14,3 Prozent erhöht. Die Wohlfahrtsverbände und die Grünen kritisierten die anhaltende Kinderarmut und forderten Sofortmaßnahmen.

Nach dem Sozialbericht, den die Landesregierung zum zweiten Mal nach
2004 als Armuts- und Reichtumsbericht vorlegt, liegt die Armutsgrenze in NRW derzeit bei einem Pro-Kopf-Einkommen von 615 Euro. Das sind 50 Prozent des Durchschnittseinkommens in NRW von 1.229 Euro. Danach leben in NRW insgesamt knapp 2,6 Millionen Menschen in einkommensarmen Haushalten.

Gut ein Drittel der Betroffenen, rund 815.000, sind Kinder und Jugendliche. Der 560 Seiten starke Bericht soll Politik und Verwaltung Eckdaten zur Armutsbekämpfung liefern.

Steigendes Armutsrisiko bei fehlender Bildung
Der Landessozialbericht weist daneben für 2001 knapp 3.200 Einkommensmillionäre in NRW aus. Die Reichtumsschwelle haben die Statistiker bei einem Bruttoeinkommen von 79.338 Euro gezogen. Das durchschnittliche Vermögen reicher Haushalte erhöhte sich zwischen
1998 und 2003 um rund 17,5 Prozent auf knapp 435.000 Euro. Das Vermögen der nicht reichen Haushalte sank dagegen in diesem Zeitraum um 2,5 Prozent auf etwa 49.000 Euro.

Das Armutsrisiko steige mit fehlender Bildung, wachsender Kinderzahl, einem Migrationshintergrund und zunehmenden Schulden, sagte Laumann.
Die Landesregierung wolle deshalb ihren eingeschlagenen Weg fortsetzen und zum Beispiel die Reform des Schulsystems vorantreiben.
Weitere Maßnahmen gelten der Sprachförderung und der Berufsausbildung. Hier sollte auch der türkische Mittelstand zu verstärkten Kooperationen ermuntert werden.

Wohlfahrtsverbände: Realitätsnahe Bestandsaufnahme
Die freien Wohlfahrtsverbände in NRW bescheinigten der Landesregierung eine realitätsnahe Bestandsaufnahme der sozialen Wirklichkeit. Sie forderten Land und Kommunen auf, aus dem Sozialbericht die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Vor allem die Kinderarmut sei ein Skandal und müsse dringend bekämpft werden, sagte der Kölner Caritas-Direktor Frank Johannes Hensel. Er forderte, die Hartz-IV-Regelsätze anzuheben, die Lernmittelfreiheit wieder einzuführen und erschwingliche Mittagessen in Ganztagsschulen zu ermöglichen.

Auch die Grünen im Düsseldorfer Landtag unterstützten die Forderung nach höheren Leistungen für Kinder von Hartz-IV-Familien. "Aus den Regelsätzen können weder eine gesunde Ernährung, noch angemessene Kleidung oder die notwendigen Lernmittel für die Schule bezahlt werden", erklärte die sozialpolitische Sprecherin der grünen Fraktion, Barbara Steffens.

"Armen eine Stimme geben"
In einem eigenen Kapitel im Sozialbericht weisen die Verbände unter dem Leitthema "Armen eine Stimme geben" auf verschiedene Lösungsmöglichkeiten hin. So appellieren sie an die Kommunen, für Betroffene Bildungs- und Teilhabepässe einzuführen, die eine vergünstigte Teilnahme an Kultur-, Sport- und Freizeitaktivitäten ermöglichen. Auch sollten im Sozialhilfesystem wieder Einzelzahlungen möglich sein, die zum Beispiel den Sonderbedarf bei Einschulungen abdecken.

In der Freien Wohlfahrtspflege NRW sind neben Caritas und Diakonie die Arbeiterwohlfahrt, der Paritätische Wohlfahrtsverband, das Rote Kreuz und die jüdischen Kultusgemeinden zusammengeschlossen.
Internet: www.Freiewohlfahrtspflege-nrw.de; www.mags.nrw.de