Als Francesca Xaviera Cabrini 1889 in New York vom Schiff stieg, fand sie ein Land im Umbruch vor. Ein Land, das von Versprechen sprach, vielen Migranten aber nur Elend bot. Cabrini, Tochter armer Bauern aus der Lombardei, war nicht gekommen, um am amerikanischen Traum teilzuhaben. Die Ordensfrau und Gründerin der Missionarinnen vom Heiligsten Herzen Jesu wollte diesen Traum für andere wahrmachen - mit harter Arbeit, einem unerschütterlichen Glauben und einem tiefen Sinn für Gerechtigkeit.
Cabrini reiste nicht allein. Gemeinsam mit sechs weiteren Schwestern ihres Ordens erreichte sie die USA. Was sie dort erwartete, war mehr als eine Herausforderung: Sprachbarrieren, kulturelle Unterschiede, feindselige Geistliche und eine Gesellschaft, die katholische Migranten aus Italien wie Menschen zweiter Klasse behandelte.
Die bedeutendste Frau, die er je kennen gelernt habe, sei Francesca Xaviera Cabrini - so urteilte Papst Leo XIII. Tatsächlich leistete die Ordensfrau in ihrem Leben Beeindruckendes: Sie reiste für ihren Orden mehr als 20 Mal per Schiff von Italien nach Amerika hin und zurück - zu einer Zeit, als die Reise über den Atlantik noch ein Wagnis bedeutete. Sie überquerte sogar die Anden, um in Lateinamerika neue Ordensniederlassungen zu gründen. Vor 175 Jahren, am 15. Juli 1850, wurde Cabrini geboren.
Fürsorge und Integration
Cabrini ließ sich nicht von den Herausforderungen entmutigen, die in den USA vor ihr lagen. Mit bemerkenswerter Energie begann sie, Schulen, Waisenhäuser und Hospitäler zu gründen. Innerhalb weniger Jahre entstanden Einrichtungen in New York, Chicago, New Orleans und später in Mittel- und Südamerika. Ihre Arbeit zielte nicht nur auf religiöse Unterweisung ab - sie verstand Bildung, Fürsorge und medizinische Versorgung als Mittel der Emanzipation. Frauen und Kinder standen im Zentrum ihres Engagements.
Eines ihrer bedeutendsten Projekte war das Columbus Hospital in New York - ein Krankenhaus, das vor allem italienischen Migranten offenstand, die sonst kaum Zugang zu medizinischer Versorgung hatten. Cabrini organisierte Spenden, verhandelte mit Stadtverwaltungen und ließ sich auch von bürokratischen Hürden nicht aufhalten.
Die Ordensfrau kümmerte sich nicht nur um die unmittelbaren spirituellen Bedürfnisse der Migranten, sondern schuf ein umfassendes Versorgungsnetzwerk. Sie verband Bildung, medizinische Versorgung und soziale Integration, um die Lebensbedingungen ihrer Schützlinge nachhaltig zu verbessern. Während viele Missionare sich in erster Linie auf die religiöse Betreuung konzentrierten, setzte Cabrini auf praktische Hilfe zur Selbsthilfe und gesellschaftliche Teilhabe.
67 Niederlassungen gegründet
Aus dem Nichts baute Cabrini ein Waisenhaus auf; eine Schule für die Kinder italienischer Einwanderer war ihr nächstes Projekt. Aus Italien holte sie sich Verstärkung, bis sie in den USA ein eigenes Noviziat für ihren Orden einrichten konnte. Weitere Schulen, Waisenhäuser und auch ein Krankenhaus gehen auf ihre Initiative zurück.
Diese Einrichtungen boten nicht nur Schutz und Versorgung, sondern auch Bildung und berufliche Qualifizierung, was den Einwanderern half, sich in der amerikanischen Gesellschaft zurechtzufinden und gesellschaftlich aufzusteigen. Die durchsetzungsfähige Ordensgründerin legte großen Wert darauf, dass die italienischen Einwanderer ihre kulturelle Identität bewahren konnten, während sie gleichzeitig zur Integration in die amerikanische Gesellschaft ermutigt wurden.
In den 37 Jahren im Dienste ihres Ordens hat sie insgesamt 67 Häuser in Italien, Spanien, England, Nord- und Südamerika gegründet. Eine Statue, die an ihr Wirken in den USA erinnert, steht im Battery Park in Manhattan. Sie blickt auf die Freiheitsstatue und Ellis Island - die auch die Migranten als erstes sahen, wenn sie in New York ankamen.
Wachsendes Netzwerk
Chicago wurde zum Zentrum ihres Wirkens. Dort errichtete sie das Mutterhaus ihres Ordens, von dem aus sie das wachsende Netzwerk leitete. Die Stadt war auch ihr letzter Lebensmittelpunkt: 1909 erhielt Cabrini die amerikanische Staatsbürgerschaft, 1917 starb sie an den Folgen einer Malariaerkrankung. Schon 1946 wurde sie heilig gesprochen - als erste US-Bürgerin überhaupt.
Francesca Xaviera Cabrinis Lebenswerk wirkt bis heute: Der von ihr gegründete Orden ist mittlerweile in 15 Ländern aktiv und engagiert sich nach eigenen Angaben weiterhin weltweit für Bildung, Gesundheit und soziale Gerechtigkeit, besonders für benachteiligte Menschen.
Beispielhafter Einsatz für Migranten
1950 wurde Cabrini offiziell von der katholischen Kirche zur Patronin der Aus- und Einwanderer ernannt. Diese Entscheidung beruht auf ihrem beispielhaften Einsatz für Migranten. Ihr Festtag ist der 22. Dezember. Bis heute gilt sie als Symbol für tätige Nächstenliebe und als Vorbild für den respektvollen und menschenwürdigen Umgang mit Migranten.
Grund genug, ihr Wirken in einem Kinofilm zu würdigen. Am 11. September kommt das US-Drama "Die Gesandte des Papstes" in die deutschen Kinos. In der Vorankündigung der Verfilmung ihrer außergewöhnlichen Lebensgeschichte heißt es: "Eine Italienerin kommt mit nichts nach New York und wird zu einer der größten Unternehmerinnen, die Amerika je hervorgebracht hat." Cabrini wird in dem bewegenden Frauenporträt von der italienischen Schauspielerin Cristiana Dell'Anna verkörpert.