Nokia Bochum: Zehntausende zu Demo erwartet - Katholische Verbände appellieren

Solidarität und Sorgen

Das Schicksal der Bochumer Nokia-Fabrik sorgt für weiterhin für eine Welle der Solidarität. Mehrere Katholische Verbände haben nun einen Moral-Appell an die Wirtschaft gerichtet. Am Dienstag werden Zehntausende zu einer Kundgebung erwartet. Unterdessen wurde bekannt, dass die Werksstilllegung die teuerste in der Geschichte Deutschlands werden könnte.

 (DR)

Wie die in Essen erscheinende "Westdeutsche Allgemeine Zeitung" (Montagausgabe) unter Berufung auf unternehmensnahe Kreise mitteilte, dürften sich die Kosten für die Schließung des Werks auf mehrere Hundert Millionen Euro summieren.

Hauptposten wäre demnach ein Sozialplan, der beispielsweise Abfindungen und die Gründung von Beschäftigungsgesellschaften regelt. Nokia müsste auch selbst dafür tief in die Tasche greifen, da das Unternehmen nicht insolvent ist, sondern glänzende Gewinne macht, heißt es in dem Blatt weiter.

Thoben: Es ist ein Skandal
Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) kritisierte derweil erneut das Vorgehen des Handykonzerns. Es sei "ein Skandal", wie das Unternehmen mit seinen Mitarbeitern umgehe. "Ich bin nicht bereit, das so hinzunehmen", erklärte sie.

Derzeit werde über die NRW.Bank geprüft, ob Nokia gegen die Förderrichtlinien verstoßen und möglicherweise weniger Mitarbeiter als zugesagt beschäftigt hatte, unterstrich die Ministerin. Nokia hatte insgesamt Subventionen in Höhe von rund 88 Millionen Euro erhalten. Das Land behält sich vor, knapp die Hälfte davon zurückzufordern.

Welle der Solidaritätsbekundunge
In Bochum laufen derweil die Vorbereitungen auf die große Demonstration zum Erhalt des Nokia-Werks. Wie ein Sprecher der IG Metall mitteilte, werden nach derzeitigem Stand rund 20 000 Menschen zu der Kundgebung erwartet. So planen unter anderem die Mitarbeiter des Opel-Werkes, die Bänder ab 11.00 Uhr still stehen zu lassen und sich an den Protesten zu beteiligen. Zudem will unter anderem Linke-Parteichef Oskar Lafontaine die Veranstaltung unterstützen. Als Vertreter der Landesregierung hat Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sein Kommen zugesagt.

Die Demonstration besteht aus zwei Zügen. Der erste startet um 11.55 Uhr vom Nokia-Werk aus, der zweite Zug marschiert ab 12.30 Uhr vom Gewerbepark Riemke aus. Zum Abschluss gibt es eine große Kundgebung auf dem Riemker Markt, wo unter anderem Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) und der 1. Vorsitzende der IG Metall, Berthold Huber, sprechen werden. Die Polizei rechnet nach Angaben eines Sprechers mit massiven Verkehrsbehinderungen in dem Bereich.

Unterdessen ebbt die Welle der Solidaritätsbekundungen für die Nokia-Belegschaft nicht ab. So hätten auf der von der nordrhein-westfälischen SPD geschalteten Internetseite nrwspd.de/nonokia schon über 12 000 Menschen aus ganz Deutschland gegen die geplante Schließung des Nokia-Werkes protestiert, teilte Nordrhein-Westfalens Generalsekretär Michael Groschek mit.

Katholische Verbände fordern mehr Moral in Wirtschaft
Vor dem Hintergrund einer geplanten Schließung des Bochumer Nokia-Werkes haben katholische Sozialverbände mehr moralisches Verantwortungsbewusstsein von Unternehmensführern gefordert. Große strategische Entscheidungen dürften nicht ausschließlich nach kommerziellen Kriterien getroffen werden, heißt es in einer am Montag in Köln veröffentlichten Mitteilung vom Bund Katholischer Unternehmer (BKU), der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB), dem Verband der Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung (KKV) und des Kolpingwerks im Erzbistum Köln.

Die Verbände forderten die Nokia-Manager auf, zusammen mit Politikern und Mitarbeitern nach einer wirtschaftlich vertretbaren Lösung zum Erhalt der Bochumer Produktionsstätte zu suchen. Würde und Leistungen der Arbeitnehmer geböten eine solche Anstrengung. Anderswo mehr verdienen zu können, dürfe nicht ausschließliches Kriterium für die Schließung eines rentablen Produktionsstandortes sein. Selbst wenn eine solche Sichtweise immer mehr um sich greife, heiße das nicht, dass sie ethisch vertretbar sei, so die Sozialverbände.

Der finnische Mobilfunkhersteller Nokia hatte am Dienstag angekündigt, bis Mitte des Jahres seine Handy-Produktion in Deutschland und damit den Betriebsstandort Bochum aufzugeben. Betroffen sind rund 2.300 der bundesweit etwa 3.200 Nokia-Mitarbeiter.