Nigerias Senatspräsident will radikale Imame und Pfarrer bändigen

Lizenz zum Predigen

In Nigeria sorgt eine Idee des Senatspräsidenten David Mark für Wirbel. Er hat vorgeschlagen, dass sowohl Imame als auch Priester künftig eine Lizenz brauchen, um predigen zu dürfen. Viele empfinden das als zu starke Einmischung des Staates. Doch es gibt auch Zustimmung für die mögliche Neuregelung.

Autor/in:
Katrin Gänsler
 (DR)

Senatspräsident Mark hat es im Prinzip gut gemeint. Mit Hilfe der Lizenzregelung könnten all jene Prediger aufgespürt werden, die radikale Gedanken verbreiten und Christen und Muslime gegeneinander anstacheln - so wird er in nigerianischen Medien zitiert. Außerdem sei es ein Schritt, um etwas gegen die instabile Lage in Afrikas Riesenstaat zu unternehmen. Schließlich habe auch die Terrorgruppe Boko Haram einst mit radikalen Predigten begonnen. Heute ist sie Nigerias größtes Sicherheitsrisiko.



Christlicher Verband kündigt Widerstand an

Doch die Pläne stoßen auf Kritik. "Dafür müsste es erst einmal ein neues Gesetz geben", sagt Sunday Oibe von der Christlichen Vereinigung Nigerias (CAN) und kündigt schon jetzt Widerstand an. Die Einführung einer Lizenz wäre aus seiner Sicht eine massive Einmischung des Staates in religiöse Angelegenheiten. In seiner Kritik schwingt auch die Unsicherheit darüber mit, anhand welcher Maßstäbe die Lizenzen überhaupt vergeben werden sollen. Könnten etwa im muslimisch geprägten Norden, wo sich die große Mehrheit der Bevölkerung zum Islam bekennt, Imame bevorzugt werden?



Sunday Oibe ärgert noch etwas. Das Amt des Priesters sei schließlich kein Beruf, sondern eine Berufung: "Wer hier Priester werden will, hat den Ruf Gottes gehört. Warum braucht er dann noch eine Lizenz?" Außerdem gebe es in den christlichen Kirchen genügend Einschränkungen und Regulierungen. "Es wird doch nicht jeder Priester."



Die Auswahl an Kirchen in Nigeria ist immens

Genau das wird in Nigeria mitunter ganz anders gesehen. Die Auswahl an Kirchen ist immens. Die Namen klingen exotisch, und anfangs reicht oft ein Wohnzimmer oder Hinterhof für die ersten Gottesdienste. Auch Michael Ekpenyong, Generalsekretär der katholischen Bischofskonferenz mit Sitz in Abuja, hat erlebt, wie schnell sich Kirchen gründen lassen. "Wir mussten jemanden aus dem Priesterseminar entlassen", erinnert er sich an einen Fall. Katholischer Geistlicher wurde der Entlassene zwar nicht mehr, eröffnete aber seine eigene Kirche und nennt sich heute Erzbischof. Das Beispiel ist nicht außergewöhnlich. Immer wieder überwerfen sich junge Priester mit ihrer Kirche und machen ihre eigene auf.



Ekpenyong hält den Vorschlag des Senatspräsidenten deshalb für richtig. "Die Regierung ist auf einem guten Weg", sagt er. Allerdings müssten fundamentale Menschenrechte beachtet werden. "Das Recht zu denken, das Recht auf Meinungsfreiheit - das ist in unserer Verfassung verankert. Wird aus der Überlegung tatsächlich ein Gesetz, müssen also viele Aspekte beachtet werden. Die Umsetzung ist eine große Herausforderung."



Doch nicht nur unter Christen hat der Vorschlag für Aufregung gesorgt, sondern auch in der muslimischen Gemeinschaft. Imam Sani Isah kann das jedoch nicht nachvollziehen. Er hält die Bedenken für überzogen. Der Imam lebt in Kaduna und arbeitet für das Interfaith Mediation Centre, einer vielfach ausgezeichneten nicht-staatlichen Organisation, die sich für das friedliche Zusammenleben von Christen und Muslimen einsetzt. "Wenn ich das predige, was in der Bibel oder im Koran steht, habe ich nichts zu befürchten", sagt er. Sollte die Lizenz trotzdem verwehrt werden, gebe es die Möglichkeit, dagegen zu klagen.



Schwarze Schafe unter Christen und Muslimen gesucht

Für Imam Sani Isah könnten die Lizenzen vor allem eines bewirken: Schwarze Schafe aufspüren. "Egal, ob bei den Christen oder bei uns Muslimen. Es gibt auf beiden Seiten radikale Prediger, die sich nicht für den Frieden einsetzen." Diese seien zwar schon heute bekannt. Doch bisher sei es schwierig, etwas gegen sie zu unternehmen.