Jurist Rohe blickt auf Scharia in Deutschland

Nicht auf dem Vormarsch

​Der Rechts- und Islamwissenschaftler Mathias Rohe sieht das traditionelle islamische Gesetz, die Scharia, in Deutschland nicht auf dem Vormarsch. Für den Rechtsstaat sieht er allerdings noch Schwachstellen.

Justitia-Figur / © Zolnierek (shutterstock)

Zwar habe es im Zuge der Flüchtlingskrise 2015 auch Herausforderungen gegeben. Der deutsche Rechtsstaat habe darauf jedoch "mit Festigkeit, Maß und Mitte reagiert", sagte Rohe der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Montag.

Auch Schwachstellen

Rohe sieht aber auch Schwachstellen. So habe das Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen aus dem Jahr 2017 zwar ein wichtiges Anliegen aufgegriffen, allerdings sei es in der Wahlkampfzeit hektisch und teils wenig durchdacht formuliert worden. "Wir haben aber generell alle rechtsstaatlichen Instrumente, um unsere Normen durchzusetzen", zeigte sich Rohe überzeugt, der als Professor an der Universität Nürnberg-Erlangen lehrt.

Im Sommer hatte die Frauenrechtsorganisation "Terre des Femmes" kritisiert, das Gesetz komme bei den Betroffenen kaum an. Laut einer Studie der Organisation waren von 813 Ehen mit überwiegend weiblichen Minderjährigen lediglich zehn aufgehoben worden. Zudem sei die Dunkelziffer solcher Heiraten hoch. Dazu Rohe: "Das zeigt, dass Gesetze so differenziert gefasst werden müssen, dass sie die Betroffenen auch erreichen. Zur notwendigen Überarbeitung besteht Gelegenheit im Jahr 2021."

Weitere Einflüsse

Mit Blick auf den Einfluss fundamentalistischer Gelehrter, die ihre Rechtsgutachten zu konkreten Fragen, sogenannte Fatwas, vor allem über das Internet verbreiten, sagte Rohe, deren Breitenwirkung sei schwer einzuschätzen. "Das ist eine Blackbox, ich habe aber nicht den Eindruck, dass diese Strömungen bei Muslimen in Deutschland auf dem Vormarsch sind." Gerade die junge Generation wende sich nach seinen eigenen Beobachtungen mehrheitlich gegen den religiösen Fundamentalismus.

Allerdings gebe es offenbar viele Fälle, in denen junge Muslime ausschließlich religiös heirateten, um von ihrem Umfeld sozial akzeptiert zusammenleben zu können. Zwar verlangten immer mehr Moscheevereine vor einer solchen Eheschließung die Vorlage eines standesamtlichen Trauscheins, das islamische Hochzeitsritual biete jedoch die einfache Möglichkeit, bei Anwesenheit von zwei Zeugen ganz informell im privaten Rahmen zu heiraten. "Hier sollten muslimische Vertreter daran arbeiten, die bisherige Verwirrung auf der religiösen Ebene im Einklang mit dem deutschen Recht zu beseitigen", forderte Rohe.


Quelle:
KNA