Jesuit Mertes sieht Probleme bei kirchlichen Betroffenenbeiräten

"Neuerliche Verletzungen auf beiden Seiten"

Für Klaus Mertes zeigen die Konfrontationen zwischen Missbrauchs-Betroffenen und den Kirchen, dass die Strukturen zur Missbrauchsaufarbeitung im kirchlichen Raum nicht ausreichen. Er hat einen Vorschlag, wie es anders laufen müsste.

Pater Klaus Mertes / © Julia Steinbrecht (KNA)
Pater Klaus Mertes / © Julia Steinbrecht ( KNA )

"Es mehren sich die Zeichen, dass die mangelnde Rollenklärung beim Beteiligungskonzept, wie es zwischen dem Unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) und der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) vereinbart worden ist, die Konfrontation verschärft und zu neuerlichen Verletzungen auf mehreren Seiten führt", schreibt Mertes auf der Internetseite "feinschwarz.net" (Dienstag).

Kritik an Ackermann-Äußerung

Der Jesuit bezog sich auf die Kritik an Äußerungen des Missbrauchsbeauftragten Bischof Stephan Ackermann beim Ökumenischen Kirchentag sowie auf die Aussetzung des Betroffenenbeirats der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

Ackermann hatte gesagt, bei der Zusammenarbeit zwischen Kirchenführung und Betroffenenbeiräten sei es nicht hilfreich, wenn ein Beirat "mehrheitlich durch Aktivisten besetzt wäre", die ihre Rolle darin sähen, "immer nur im klaren Gegenüber zur Kirche" zu bleiben und politisch-öffentlich "den Finger in die Wunde zu legen".

Später schrieb Ackermann auf Twitter: "Ich bedauere den missverständl. Begriff 'Aktivisten' im Zusammenhang mit Betroffenenbeiräten". Selbstverständlich sei es "gut & notwendig, hochaktive Mitglieder in den Beiräten zu haben. Das erlebe ich bei uns - etwa im Beirat der #DBK - auch so; dafür bin ich dankbar. Wir sind auf die Hilfe & die kritische Beratung der Betroffenen angewiesen."

Die EKD-Entscheidung zum Aus des Betroffenenbeirats war von Betroffenen scharf als erneuter Machtmissbrauch verurteilt worden.

Kommission ohne kirchliche Beteiliung?

Mertes sprach sich für eine vollständig unabhängige, ohne kirchliche Beteiligung eingerichtete Aufarbeitungskommission aus.

Parallel dazu müssten Betroffene dabei unterstützt werden, sich selbst zu organisieren, um so den Kirchen und der unabhängigen Aufarbeitungskommission "gegenüberzutreten".

Gefahr der Instrumentalisierung Betroffener

Das Konzept der Betroffenenbeiräte, die derzeit in vielen Bistümern eingerichtet werden und die Kirche bei der Aufarbeitung unterstützen sollen, bezeichnet Mertes als problematisch.

Es bestehe die Gefahr, dass Betroffene letztlich wieder instrumentalisiert würden. Zudem entstünden neue Konflikte zwischen den Betroffenen selbst.

Grundlage der Aufarbeitung von Missbrauch und sexualisierter Gewalt in der katholischen Kirche ist eine Vereinbarung zwischen Bischöfen und UBSKM. Diese sieht unabhängige Aufarbeitungskommissionen und Betroffenenbeiräte vor.


Quelle:
KNA