Neuer Würzburger Weihbischof Ulrich Boom steht für Zivilcourage

Frankens "Don Camillo" wird befördert

Als "Don Camillo" Frankens machte Ulrich Boom vor zwei Jahren Furore. Am 22. Juli 2006 ließ der Pfarrer 20 Minuten lang die Glocken in den beiden Türmen seiner Miltenberger Kirche Sankt Jakobus läuten, als die NPD-Jugendorganisation eine Kundgebung auf dem Marktplatz veranstalten wollte. Das brachte ihm eine Anzeige der Partei ein, aber auch Schlagzeilen europaweit, den Aschaffenburger "Mutig-Preis" und vor allem viel Sympathie aus der Bevölkerung.

Autor/in:
Christian Wölfel
 (DR)

An diesem Samstag nun läuteten die Glocken im ganzen Bistum Würzburg für ihn. Denn der 61-Jährige ist von Papst Benedikt XVI. zum neuen Weihbischof ernannt worden. Boom, der 1947 in Ahaus/Alstätte in der Diözese Münster geboren wurde, gilt als guter Seelsorger, durchsetzungsfähiger Macher und bescheidener Mensch. Eine «dialogfähige Kirche» im Sinne des Zweiten Vatikanischen Konzils und der Würzburger Synode ist ihm wichtig. Ursprünglich lernte er Bauzeichner, entschied sich dann aber für ein Theologiestudium in Münster, München und Würzburg. Bischof Paul-Werner Scheele weihte ihn 1984 zum Priester.

Das Einschalten des Geläuts - eines der kräftigsten in der Diözese - sei eine spontane Entscheidung «aus dem Bauch» gewesen, bekennt Boom. Aus eigener Erfahrung von kirchlichen Prozessionen wusste er nur zu gut, dass beim Glockengeläut das Musizieren eingestellt werden muss: «In Miltenberg machen die Glocken alles still. Wie wir nun wissen: auch die Rechten.» Die hatten Boom wegen Störung einer genehmigten Versammlung angezeigt, woraufhin die Staatsanwaltschaft Aschaffenburg mehrere Monate ermittelte.

Damit brachte die Justiz die Menschen nicht nur in Miltenberg gegen sich auf. Boom erhielt Tausende Zuschriften und E-Mails, unter anderem aus Schweden, der Schweiz und aus Frankreich. In Ordnern hat er sie abgeheftet. «Ein Moslem hat mir geschrieben: Ich verneige mich vor Ihnen.» Andere, die aus der Kirche ausgetreten seien, hätten darüber nachgedacht, wieder einzutreten. Ihm selbst hat dieser Zuspruch gut getan. Trotzdem hat er nie ein kritisches Wort gegen die Ermittlungsbehörden fallen lassen.

Auch die fast schon beschlossene Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer Geldbuße von 2.000 Euro wäre für ihn kein Problem gewesen, bekannte er einmal. «Das hätten wir allein durch Spenden zusammenbekommen.» Doch die brauchte es nicht. Der örtliche SPD-Landtagsabgeordnete Heinz Kaiser machte den Fall im Parlament endgültig zu einem Politikum. Auch die jüdischen Kultusgemeinden in Bayern protestierten, so dass Justizministerin Beate Merk (CSU) verkünden musste: Die Ermittlungen werden ohne einen Cent Strafe eingestellt. Boom habe auf friedliche Weise «erinnern und mahnen» wollen.

Die Ernennung des «Glöckners vom Untermain» (Tagesspiegel) zum Würzburger Weihbischof dürfte nicht nur im Bistum auf viel Zustimmung stoßen. Boom steht aufgrund seines «himmlischen Geläuts» (Der Spiegel) für Zivilcourage. Er selbst wird damit leben müssen, dass für ihn immer wieder das Bild des «Don Camillo» bemüht wird.. Er selbst hält es eigentlich für nicht ganz zutreffend. Die Figur des schelmischen italienischen Dorfpfarrers strahle zwar eine sympathische Leichtigkeit aus - «mir ist es mit dieser Sache allerdings etwas ernster».