Neuer Streit um doppelte Staatsbürgerschaft

Doppelpass und Optionspflicht

Die doppelte Staatsbürgerschaft ist seit Jahren Streitthema in Deutschland. Nach dem Referendum in der Türkei ist die Diskussion wieder neu entbrannt. Wir fassen die Hintergründe der Auseiandersetzung zusammen.

Streit um Doppelpass / © Daniel Karmann (dpa)
Streit um Doppelpass / © Daniel Karmann ( dpa )

Wie viele Deutsche eine weitere Staatsangehörigkeit haben, ist unklar. Die Angaben schwanken zwischen 1,6 und 4,3 Millionen. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) nennt wichtige Daten in der Auseinandersetzung.

1913: Mit dem Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913 wird im Deutschen Reich ein reines "ius sanguinis" (Abstammungsrecht) eingeführt. Deutscher ist, wer einen deutschen Elternteil hat. Für eine Einbürgerung muss man mindestens 15 Jahre in Deutschland gelebt haben.

1998: Die rot-grüne Bundesregierung vereinbart im Koalitionsvertrag eine weitreichende Reform des Staatsangehörigkeitsrechts, die unter anderem eine weitgehende Hinnahme einer doppelten Staatsbürgerschaft enthalten soll.

1999: Gegen die im Bund geplante Reform startet Hessens CDU unter Roland Koch eine Unterschriftenkampagne. CDU und FDP gewinnen nicht zuletzt deshalb im Frühjahr 1999 die Landtagswahlen in Hessen und ändern dadurch die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat. Die rot-grüne Bundesregierung sowie Mitglieder der oppositionellen FDP legen daraufhin einen neuen Gesetzentwurf vor - allerdings um den Preis, dass das Prinzip der Vermeidung der doppelten Staatsbürgerschaft festgeschrieben wird.

2000: Das neue Staatsangehörigkeitsgesetz, das am 1. Januar 2000 in Kraft tritt, ergänzt das Abstammungsrecht um das Geburtsortsprinzip: Wenn ein Elternteil seit mindestens acht Jahren in Deutschland lebt und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht genießt, erwirbt das Kind auch die deutsche Staatsangehörigkeit. Für eine Einbürgerung wird die vorausgesetzte Aufenthaltsdauer in Deutschland von 15 auf 8 Jahre gesenkt. Verbunden wird die doppelte Staatsangehörigkeit mit einer Optionspflicht: Kinder ausländischer Eltern, die in Deutschland geboren wurden, müssen sich spätestens mit 23 Jahren für eine Staatsangehörigkeit entscheiden.

2008: Die große Koalition einigt sich auf eine weitere Reform des Staatsangehörigkeitsrechts. Danach müssen Einbürgerungskandidaten ausreichende Deutschkenntnisse nachweisen und einen Einbürgerungstest bestehen. Jugendliche unter 23 Jahren behalten ihren Anspruch auf Einbürgerung nur, wenn sie ihren Lebensunterhalt eigenständig sichern beziehungsweise wegen mangelndem Ausbildungs- oder Arbeitsplatzangebot den Bezug staatlicher Leistungen nicht zu vertreten haben.

2014: Die große Koalition schafft die Optionspflicht ab. In Deutschland geborene Kinder von Ausländern können beide Staatsbürgerschaften ihr Leben lang behalten und müssen sich nicht mehr für eine Staatsangehörigkeit entscheiden.

2016: Die CDU beschließt gegen den Widerstand von führenden Politikern um Bundeskanzlerin Angela Merkel auf ihrem Parteitag in Essen, die 2014 abgeschaffte Optionspflicht wieder einzuführen.

2017: Prominente Vertreter der Union kündigen im Zuge der Ereignisse in der Türkei an, das Staatsangehörigkeitsrecht zum Thema des Bundestagswahlkampfs machen zu wollen. Auch Bundesinnenminister Thomas de Maiziere spricht sich dafür aus, dass spätestens die zweite Generation "nur noch die deutsche Staatsangehörigkeit erhält".


Quelle:
KNA