Neuer Beauftragter für Religionsfreiheit betont Bedeutung seines Amtes

"Religiöse Akteure können Täter und Opfer sein"

Drei Viertel aller Menschen weltweit leben in einem Land mit eingeschränkter Religionsfreiheit. Das will der CDU-Politiker Thomas Rachel als Beauftragter der Bundesregierung für Religionsfreiheit ändern. Er sieht viel Arbeit vor sich.

Symbolbild Religionsfreiheit / © Marina Danilenko (shutterstock)
Symbolbild Religionsfreiheit / © Marina Danilenko ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Was geht in Ihnen vor, wenn Sie von dem verheerenden Anschlag während eines Gottesdienstes in Damaskus mit vielen Toten hören?

Thomas Rachel, religionspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. / © Harald Oppitz (KNA)
Thomas Rachel, religionspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. / © Harald Oppitz ( KNA )

Thomas Rachel (Religionspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Beauftragter der Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit): Uns alle hat dieser bestialische Anschlag auf betende Christen in der griechisch-orthodoxen St. Elias-Kirche in Syrien schockiert und fassungslos gemacht. Das ist ein Verbrechen der IS, ein Angriff auf die Würde des Menschen und auch auf die Freiheit des Glaubens.

Es zeigt an diesem Ort, aber letztlich auch an vielen Orten in der Welt, dass die politisch Verantwortlichen in den Ländern gefordert sind, den Schutz von Christen, aber auch anderer religiöser Minderheiten mit aller Entschlossenheit sicherzustellen.

DOMRADIO.DE: Ihre Stelle als Religionsbeauftragter ist beim Auswärtigen Amt angesiedelt. Das heißt, Sie werden dort über solche Vorgänge in Syrien informiert und auch darüber, wie dort die Situation der Christen ist?

Rachel: Als Beauftragter der Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit werde ich gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt die weltweite Lage der Religionsfreiheit beobachten. Ziel ist es, einen Bericht über die globale Situation der Religions- und Weltanschauungsfreiheit zu erarbeiten, der dem Bundestag vorgelegt und im Parlament diskutiert wird.

Thomas Rachel

"Leider nimmt die Anzahl der Länder zu, in der dieses Menschenrecht auf Religionsfreiheit unter Druck kommt oder in Frage gestellt wird".

DOMRADIO.DE: In sehr vielen Ländern ist die freie Ausübung der Religion bedroht oder zumindest eingeschränkt. Was können Sie als Beauftragter für Religionsfreiheit überhaupt erreichen?

Rachel: Das Erste und Wichtigste ist zunächst, dass wir das Bewusstsein für die Bedeutung der Religionsfreiheit stärken, denn dieses ist ein zentrales Menschenrecht, was unmittelbar auch mit anderen fundamentalen Rechten wie Gewissensfreiheit, Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit und Pressefreiheit verknüpft ist. Leider nimmt die Anzahl der Länder zu, in der dieses Menschenrecht auf Religionsfreiheit unter Druck kommt oder in Frage gestellt wird. 

Unser Ziel ist es – von mir als Beauftragter, aber auch des Außenministers – diese Themen in den Gesprächen mit Regierungen, aber auch mit religiösen Akteuren und Zivilgesellschaften in den Ländern zu platzieren. Das tun wir, um auch denen eine Stimme zu geben, die ihre Religionen bisher nicht frei ausüben können oder dabei gehindert werden. 

Thomas Rachel

"Für vier von fünf Menschen weltweit hat Religion in ihrem Leben einen ganz hohen Stellenwert."

DOMRADIO.DE: Das Thema Kirche und Religion spielt im Koalitionsvertrag der Bundesregierung keine große Rolle. Haben Sie die Befürchtung, dass das Thema Religion angesichts weltweiter Krisen aus dem Blick gerät? 

Rachel: Wer genau hinschaut, erkennt, dass für die meisten Menschen auf der Welt Religion ein wichtiges Thema ist. Diese Bundesregierung hat es aber im Gegensatz zur vorherigen erkannt. Für vier von fünf Menschen weltweit hat Religion in ihrem Leben einen ganz hohen Stellenwert, weil Religion sinnstiftend ist und Orientierung für das eigene Leben gibt. 

Eine werteorientierte Außenpolitik, die den einzelnen Menschen ernst nimmt, muss auch seine Religion und Weltanschauung ernst nehmen. Insofern muss Religion als eine von verschiedenen Dimensionen Teil der Außenpolitik sein. Es macht Sinn, dass wir sie zum Teil der internationalen Politik machen, um die Religionsfreiheit insgesamt zu stärken.

Thomas Rachel

"Religiöse Akteure können Täter und Opfer von Diskriminierung und Verfolgung sein. Insofern wird es darum gehen, dass Religionen auch dort, wo sie Teil des Problems sind, auch Teil der Lösung werden".

DOMRADIO.DE: Welches Friedenspotenzial können Religionen haben? Wie können sie in Kriegssituationen vermitteln? Können sie es überhaupt?

Rachel: Fairerweise muss man sagen, dass Religion sowohl eine befriedende, wie auch eine Streit erzeugende Rolle spielen kann. Religiöse Akteure können Täter und Opfer von Diskriminierung und Verfolgung sein. Insofern wird es darum gehen, dass Religionen auch dort, wo sie Teil des Problems sind, auch Teil der Lösung werden.

Ich will Kolumbien als Beispiel nennen. Hier hat die katholische Kirche eine sehr wichtige und zentrale Rolle, um das seit Jahren und Jahrzehnten vom Bürgerkrieg geplagte Land zu befrieden. Wir haben mehrere hunderttausend entführte und ermordete Menschen im Kolumbien zu bedauern. Die katholische Kirche spielt hier eine ganz wichtige Rolle, um eine Befriedung in Kolumbien zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen und Akteuren zu erreichen. 

DOMRADIO.DE: Sie sind praktizierender Christ, selbst im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland. Welche Rolle spielt das für Ihre Tätigkeit als Religionsbeauftragter?

Rachel: Mein christlicher Glaube prägt natürlich auch meinen Blick auf die Menschen. Insofern, als dass alle Menschen mit gleicher Würde ausgestattet sind, unabhängig ihres Glaubens oder ihrer Weltanschauung. Diese Würde gilt es besonders herauszustellen. 

Ich darf in dem Zusammenhang auch an das zweite Vatikanische Konzil erinnern, Dignitatis humanae, wo das Vatikanische Konzil ausdrücklich erklärt hat, dass die menschliche Person das Recht auf religiöse Freiheit hat und es eben mit der Würde des Menschen ganz besonders begründet hat. 

Das Interview führte Tobias Fricke.

Religionsfreiheit

Die Religionsfreiheit gehört zu den grundlegenden Menschenrechten. In Deutschland heißt es in Artikel 4 des Grundgesetzes: "Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich." Die ungestörte Religionsausübung - gleich welcher Konfession - soll ebenfalls gewährleistet sein.

Religionsfreiheit weltweit eingeschränkt / © N.N. (Open Doors)
Religionsfreiheit weltweit eingeschränkt / © N.N. ( Open Doors )
Quelle:
DR

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