Neue Regierung lässt mehr Planwirtschaft in Kuba erwarten - und mehr Unterdrückung

Raúl Castro strafft die Zügel

Der kubanische Präsident Raúl Castro macht Ernst. Eine Regierungsumbildung hatte er schon bei seinem offiziellen Amtsantritt im Februar 2008 angekündigt. Nun macht er sich daran, den aufgeblähten Staatsapparat zu verschlanken und effizienter zu gestalten. Gleich elf Ministerien kommen unter neue Leitung oder werden fusioniert.

Autor/in:
Matthias Knecht
 (DR)

Bekannte Politiker bekamen den "Schlafanzug verpasst", wie der Volksmund den Fall hoher Funktionäre zu umschreiben pflegt. Dabei setzte Raúl Castro auch Vertraute seines Vorgängers und Bruders Fidel ab.

Macht und Amt verlor etwa Außenminister Felipe Pérez Roque (43), der einst der Hoffnungsträger der kommunistischen Parteijugend war.
An Einfluss eingebüßt hat auch der Wirtschaftsreformer Carlos Lage (57). Er war bisher Sekretär des Ministerrats und ist jetzt Vizepräsident ohne besonderen Aufgabenbereich.

Schwerpunkt der Regierungsumbildung ist die Wirtschaft. Die Versorgung in Kuba ist zurzeit besonders kritisch. Hurrikane haben der Karibikinsel im vergangenen Jahr zugesetzt, die Exporterlöse fallen. Castro will dem Problem mit mehr Kontrolle in der staatlichen Planwirtschaft begegnen, nicht mit mehr Marktwirtschaft.

Unter neuer Leitung stehen nun die Ministerien für Finanzen und Preise, für Wirtschaft und Planung, für Handel, Arbeit, Ernährungsindustrie, Stahlerzeugung, Wissenschaft, Technologie und Umwelt. Zum Zug kamen dabei Parteikader der jüngeren Generation und Vertraute aus der Armee.

Zurückgestutzt wurde hingegen derjenige Funktionär in Kubas Elite, der wie kein anderer für mehr Marktwirtschaft steht: Carlos Lage. In den 90er Jahren leitete er die behutsamen Öffnungsschritte, die nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion bitter nötig waren. Nach der Erkrankung und dem Rückzug Fidel Castros im Juli 2006 wurde er sogar als dessen möglicher Nachfolger gehandelt. Das zentrale Amt des Sekretärs des Ministerrats übernimmt nun ein enger Vertrauter Raúl Castros, sein früherer Sekretär und Brigadegeneral José Amado Ricardo Guerra.

Entmachtet wurde auch der Funktionär, der am meisten für Konfrontation mit den USA und Europa stand, Außenminister Pérez Roque. Das Amt übernimmt jetzt sein bisheriger Vize, der frühere UN-Botschafter Bruno Rodríguez Parrilla (51). Der Rechtsprofessor ist bisher, wenn überhaupt, durch den intellektuellen Stil seiner Reden aufgefallen. In den vergangenen Monaten begleitete er zudem den außenpolitischen Öffnungskurs Raúl Castros. Mit dieser Personalentscheidung unterstreicht er sein Streben nach einer Annäherung an die USA.

Großen symbolischen Wert hat die Entmachtung Pérez Roques auch aus einem anderen Grund: Der frühere Privatsekretär des Revolutionsführers Fidel Castros gilt als Verfechter des ideologischen und dogmatischen Stils Fidel Castros. Ein weiterer prominenter "Fidelista", der am Montag die Macht verlor, ist Otto Rivero Torres. Er verlor den Titel des Vizepräsidenten. Seine Aufgaben übernimmt Kommunikations- und Informatikminister Ramiro Valdés (76). Auch Valdés gilt zwar als Vertrauter Fidel Castros, aber als Experte für Repression. Er gründete den Geheimdienst und führte lange Jahre das Innenministerium.

Mehr Repression und mehr Planwirtschaft prägten bereits in den vergangenen Monaten die Innenpolitik Raúl Castros. So schränkte er den privaten Handel von Agrarprodukten weiter ein. Aus mehreren Städten berichtete die Opposition von Razzien gegen Händler. Auch die Reform der chronisch unproduktiven Landwirtschaft blieb zögerlich. So dürfen die Kubaner jetzt zwar privat brachliegendes staatliches Ackerland bestellen, allerdings nur über staatlich kontrollierte Pachtverträge.