Neue Klimastudie vorgestellt

Kein Land ist schnell genug

Die Energiewende nimmt Fahrt auf - und doch sie ist viel zu langsam. Auf der anderen Seite dürfte der weltweite CO2-Ausstoß 2017 einen neuen Höchstwert erreichen. Eine widersprüchliche Entwicklung.

Autor/in:
Christoph Arens
 (DR)

Es ist ein deutlicher Rückschlag im Kampf gegen den Klimawandel: Die weltweit von Menschen verursachten CO2-Emissionen werden dieses Jahr voraussichtlich wieder um zwei Prozent ansteigen.

Bestätigt sich die Prognose, wird die Menschheit dann so viel Kohlendioxid ausstoßen wie nie zuvor. Dabei hatte sich die Welt schon auf einem guten Weg gesehen: Drei Jahre in Folge hatten die CO2-Emissionen zuletzt stagniert - und das trotz eines anhaltenden Wachstums weltweit.

Kein Land schnell genug

Kein Wunder, dass der Klimaschutz nach einer am Mittwoch in Bonn veröffentlichten Studie auf wackeligen Füßen steht. "Die globale Energiewende nimmt Fahrt auf - doch kein Land ist schnell genug", so lautet die Bilanz des Klimaschutz-Index von German Watch, dem NewClimate Institut und dem Climate Action Network. Er diagnostiziert einerseits große Fortschritte beim Ausbau erneuerbarer Energien und der Energieeffizienz sowie sinkende Preise für Energie aus Sonne und Wind. Insgesamt aber, so der Bericht, tue keines der untersuchten 56 Länder und die EU genug, um die 2015 im Pariser Klimavertrag vereinbarten Ziele zu erreichen.

Über 300 Energie- und Klimaexperten haben die Daten für den Klimaschutz-Index 2018 zusammengetragen. Bewertet wurden vier Bereiche: Emissionen, Energieverbrauch, erneuerbare Energien und die Klimapolitik. Erstmals seit der Industriellen Revolution und außerhalb von Krisenzeiten seien die menschengemachten CO2-Emissionen in den Jahren 2014 bis 2016 stabil geblieben, heißt es. Darin zeige sich ein ermutigender Trend zu einer Umstellung des weltweiten Energiesystems. Die Nutzung von Kohle geht zurück - 2016 wurden 1,7 Prozent weniger verbrannt als im Vorjahr.

Zeit läuft davon

Dennoch läuft der Welt nach Einschätzung der Klimaschützer die Zeit davon. "Der Fortschritt ist viel zu langsam", bilanziert Mitautor Stephan Singer vom Climate Action Network. "Die zunehmende Nutzung von Öl und Gas ist größer als der willkommene Rückgang bei der Verbrennung von Kohle."

Deshalb bleiben die ersten drei Plätze auf der Rangliste unbesetzt.

Eine positive Entwicklung bescheinigen die Autoren Schweden, Litauen, Marokko und Norwegen auf den Plätzen vier bis sieben. In Schweden gebe es positive Entwicklungen bei erneuerbaren Energien und dem Pro-Kopf-Verbrauch von CO2. Bei Litauen wird insbesondere der starke Ausbau erneuerbarer Energien bei relativ niedrigem CO2-Verbrauch gelobt. Marokko bescheinigen die Wissenschaftler sehr anspruchsvolle Ziele für 2030 und eine gute Umweltpolitik.

Deutschland droht Klimaziel zu verfehlen

Deutschland liegt nur auf Rang 22. Die Autoren sehen eine relativ gute Entwicklung bei Strom aus erneuerbaren Energien, ein hohes Engagement in der internationalen Klimadiplomatie und anspruchsvolle Ziele für 2050. Zugleich aber drohe das Land seine Klimaziele für 2020 zu verfehlen. Mängel sieht die Studie insbesondere beim Verkehr und der Kohleverstromung. Die bisherige Bundesregierung habe keine ausreichenden Maßnahmen zur Verringerung der CO2-Emissionen beschlossen. Auch an die EU appelliert der Bericht, ihren anspruchsvollen Forderungen konkrete Taten folgen zu lassen.

Der für das Jahr 2017 prognostizierte Anstieg der weltweiten Emissionen um zwei Prozent geht nach der am Montag veröffentlichten Studie "Global Carbon Project" vor allem auf die Kappe von China; gerechnet wird dort mit einem Anstieg der Treibhausgas-Emissionen um 3,5 Prozent.

China ist für 28 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich, kein Land der Erde stößt in absoluten Zahlen mehr Treibhausgase aus. 2017 produzierte die dortige Industrie mehr, und die Wasserkraftwerke lieferten infolge eines regenschwachen Jahres weniger Energie. In der Rangliste findet sich China diesmal auf Platz 41. Allerdings hoffen die Autoren auf deutliche Verbesserungen wegen der eingeleiteten Klimaschutzpolitik, der Förderung erneuerbarer Energien und von Elektromobilität.

Auf den letzten Plätzen finden sich die USA, Australien, Südkorea, Iran und Saudi-Arabien. Bei letzteren drei Ländern gebe es so gut wie keine Bemühungen um eine Verringerung von CO2-Emissionen und Energieverbrauch.


CO2-Ausstoß / © Patrick Pleul (dpa)
CO2-Ausstoß / © Patrick Pleul ( dpa )
Quelle:
KNA