Neue Jahresausstellung im Kunstmuseum Kolumba

Der rote Faden

Die Ausstellung "Der rote Faden" will die erzählerischen Möglichkeiten der Kunst aufdecken und stellt den mittelalterlichen Bildzyklus vom Heiligen Severin in den Mittelpunkt.

Odenbachs "In stillen Teichen ..." / © Foto: Lothar Schnepf, © VG Bild-Kunst, Bonn 2015
Odenbachs "In stillen Teichen ..." / © Foto: Lothar Schnepf, © VG Bild-Kunst, Bonn 2015

Zwei tote ölverschmierte Seevögel in einer Holzvitrine mit Glasfenster – so empfängt das Kunstmuseum Kolumba ihre Besucher gleich im Foyer. Die Installation von Felix Droese „Keine Kunst. Aber Tatsachen" behauptet, mit Kunst die ungeschminkte Wirklichkeit zu erzählen.

Weglassen, hinzufügen – auch das gehört zum Geschichtenerzählen. Viele Geschichten des mittelalterlichen Bilderzyklus im 2. Obergeschoss über das Leben des Heiligen Severin sind mehr oder weniger frei erfunden. Sie wurden durch Wunderheilungserzählungen oder andere Legenden ergänzt. Die 20 Bilder, eine Leihgabe der Kölner Kirche St. Severin für die Zeit der Renovierung, sind über mehrere Räume verteilt und erinnern an klassische Ausstellungen in kirchlichen Diözesanmuseen. Die für Kolumba typische Gegenüberstellung mit modernen Kunstwerken fehlt bewusst - der Erzählfaden soll durch mittelalterliche Werke kommentiert werden.  

Wie ein roter Faden in der Auswahl moderner Kunst zieht sich das Thema Leid in dieser Welt. So blickt im Raum 16 der leidende Christus am Kreuz auf den Radierungszyklus „Krieg“ von Otto Dix, in denen er seine Erlebnisse im ersten Weltkrieg verarbeitet. Im Raum hinter dem einsamen, nachdenklichen „Christ in der Rast“, eine seltene Neuerwerbung Dank der Renate-König-Stiftung, flackert die Videoinstallation von Marcel Odenbach „In stillen Teichen lauern Krokodile“. Auf zwei Bildschirmen erzählt er vom fragilen Zusammenleben von Opfern und Tätern nach dem Völkermord in Ruanda. Diese Installation war schon einmal in Kolumba zu sehen, wie auch die Installation von Rebecca Horn „Berlin Earthbound“. Mit dem Koffer an der Stange, in dem ein roter, unvollständiger Judenstern zu sehen ist, erzählt sie von Deportation und Emigration. Auch hier gibt es einen roten Faden: manche Geschichten sind so wichtig und aktuell, dass sie noch einmal erzählt werden. So kommentiert auch die Skulptur „Der Wanderer“ des zeitgenössischen Künstlers Michael Buthe im Raum 13, der nach vielen Diskussionen das zweite Jahr in Folge sich an die Wand lehnen darf, die letzten Bilder des Severin-Zyklusses. Das Motiv der Reise durch das Leben wird so ins Spiel gebracht.

Der Erzählfaden der neuen Ausstellung von Kolumba beginnt aufrüttelnd mit der Moderne, nimmt Fahrt heraus durch den ungebrochenen Bilderzyklus des Heiligen Severin und überrascht in den Seitenräumen des 2. Obergeschosses. Ganz zum Schluss im Südturm erschafft die ironisch-existenzielle Kunst des Künstlerpaars Anna und Bernhard Blume mit der Großfotoserie „Vasenextase“ und „Mahlzeit“ sowie ihren Porzellaneditionen mit Wortassoziationen einen kathedralen Raum. Sie erzählen mit tiefgründigem Augenzwinkern von einer Welt aus den Fugen. „Der rote Faden“, so die Botschaft am Ende des Rundgangs durch Kolumba, bleibt für jeden in dieser Welt eine Herausforderung.