Neffe von Ex-Priester kritisiert Kirche

Entlassung wegen Missbrauchs

Das Verfahren zur Entlassung eines ehemaligen Pfarrers im Bistum Osnabrück aus dem Klerikerstand wegen sexualisierter Gewalt an Minderjährigen stößt bei dessen Bevollmächtigten auf Kritik. Frühzeitige Aufklärung wäre möglich gewesen.

Ein Plakat, brennende Opferlichter und ein symbolischer Sarg bei einer Kundgebung von Betroffenen sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche am 21. Januar 2022 vor dem Essener Dom. / © Andre Zelck (KNA)
Ein Plakat, brennende Opferlichter und ein symbolischer Sarg bei einer Kundgebung von Betroffenen sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche am 21. Januar 2022 vor dem Essener Dom. / © Andre Zelck ( KNA )

Papst Franziskus und die Glaubenskongregation in Rom hätten "hinter verschlossenen Türen alleine den Täter abgeurteilt", sagte der Bevollmächtigte und Neffe des heute 88-jährigen Hermann H. am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst (epd). Hintergründen und weiteren Verantwortlichen sei nicht in einem kirchenrechtlichen Strafprozess nachgegangen worden: "Hier ist in einem besonderen Fall eine große Chance vertan worden."

Das katholische Bistum hatte am Dienstag mitgeteilt, die Glaubenskongregation in Rom habe den Pfarrer des Missbrauchs für schuldig befunden. Bischof Franz-Josef Bode hatte sich zufrieden gezeigt, "dass das seit Jahren laufende kirchenrechtliche Verfahren damit endlich zu einem Abschluss und zu einem klaren Schuldspruch kommt".

In mehreren Fällen Kinder missbraucht

Hermann H. soll in den 1960er- bis 1990er-Jahren in drei Gemeinden im Emsland und in Merzen im Landkreis Osnabrück in mehreren Fällen Kinder missbraucht haben. Betroffene hatten erstmals 2018 öffentlich entsprechende Vorwürfe erhoben. Zu diesem Zeitpunkt waren die Taten nach Angaben der Staatsanwaltschaft bereits strafrechtlich verjährt.

Daraufhin hatte das Bistum das kirchenrechtliche Verfahren in Rom eingeleitet. Der Neffe wirft der Glaubenskongregation und auch Bischof Bode vor, sie hätten keine detaillierte Aufarbeitung des Falles gewollt.

Es habe seit den 1970er-Jahren immer wieder Gerüchte um die pädophile Neigung seines Onkels gegeben, von denen auch hochrangige Bistumsmitarbeiter gewusst hätten. Diesen Anhaltspunkten sei aber nie nachgegangen worden. Potenzielle Opfer seien somit nicht geschützt worden. "Ich hätte gern eine mutige Kirche erlebt, die in einem öffentlich geführten kirchlichen Strafverfahren diese Aspekte des 'Täter werdens' meines Onkels erhellt und ihnen - wo dies noch möglich ist - nachgeht", sagte der Bevollmächtigte. "Hier fehlte aber auch die kleinste Anstrengung."

Versäumnisse eingeräumt

Bode, der seit Ende 1995 Bischof von Osnabrück ist, hatte H. 1997 eben wegen dieser Gerüchte in den Ruhestand versetzt. Später setzte er ihn allerdings in der Pfarrgemeinde, in der H. lebte, als Unterstützungskraft ein. Bode räumte 2019 ein, es sei ein Fehler gewesen, H. nur in den vorzeitigen Ruhestand zu versetzen. Auch habe er es versäumt zu kontrollieren, ob der Priester sich an die Auflage gehalten habe, nur noch in der Seniorenarbeit tätig zu sein. Der Neffe betonte, eine entsprechende Dienstanweisung habe es der Personalakte zufolge gar nicht gegeben.

Mit der aktuellen Entscheidung verliert H., der weiterhin im Bistum Osnabrück lebt, dauerhaft alle kirchlichen Vollmachten, die ihm aufgrund der Priesterweihe übertragen wurden. Ebenso entfallen sämtliche Pensionsansprüche. Das Bistum prüft nach eigenen Angaben gemeinsam mit der Deutschen Rentenversicherung, wie seine künftige Altersversorgung geregelt wird.

Quelle:
epd