Nach Papst-Kritik - Katholische Hilfswerke wollen ihr Engagement "zukunftsfest" machen

"Entdecken, was zählt"

Das päpstliche Lob war mit einer Mahnung verbunden, die die katholische Kirche in Deutschland aufschrecken ließ:
"Bemerkenswert" nannte Papst Benedikt XVI. bei seinem Bayernbesuch im September das karitativ-soziale Engagement der katholischen Hilfswerke in der Bundesrepublik. Doch zugleich übte er Kritik an einer mitunter ausschließlich sozial orientierten Entwicklungshilfe. Diese Papst-Kritik ist nicht der einzige Grund, warum Misereor, Adveniat, Renovabis, missio und die übrigen kirchlichen Hilfswerke derzeit ihre Strategie überdenken.

 (DR)

"Komplementäre weltkirchliche Arbeitsteilung"
Auch auf Grund des sinkenden Kirchensteueraufkommens und der verknappten staatlichen Zuwendungen geht es für die Bischöfe und die Werke darum, ihre Arbeit "zukunftsfest" zu machen, unnötige Überlappungen zu vermeiden und die Kräfte zu bündeln.

Der neue Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick, betont dabei die "komplementäre weltkirchliche Arbeitsteilung" der Hilfswerke, in der der soziale Aspekt zentraler Bestandteil und nicht nur Beiwerk der Evangelisierung sei.

VDD: Seelsorgliche Projekte haben es schwerer
Im Etat des Verbandes der Diözesen Deutschlands (VDD) bilden die Mittel für weltkirchliche Aufgaben den mit Abstand größten Posten - zuletzt waren es 67 Millionen Euro. Die große Hilfsbereitschaft der deutschen Katholiken ist dabei unverzichtbar. Das gilt besonders auch für die Werke, die stärker seelsorgliche Projekte unterstützen und es traditionell schwerer haben, Spender zu mobilisieren.

Dabei ist die Hilfsbereitschaft in Deutschland weiterhin groß, wie die Zahlen des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI) in Berlin belegen. So gaben die Bundesbürger im abgelaufenen Jahr geschätzte 2,4 Milliarden Euro für soziale Zwecke; 2004 waren es 2,35 Milliarden. Die "Rekordspendensumme" von mehr als 3 Milliarden Euro im "Tsunami-Jahr" 2005 zeigt allerdings, dass sich für Opfer von medial aufbereiteten Naturkatastrophen mehr Solidarität mobilisieren lässt als für langfristige Entwicklungs- oder pastorale Projekte.

Misereor: Spenden sammeln, Überzeugungsarbeit leisten
Auch der politische Kalender für das Jahr 2007 gibt den kirchlichen Hilfswerken reichlich Gelegenheit, für ihre Arbeit zu werben. Das entwicklungspolitisch orientierte Hilfswerk Misereor wird sich bei seiner auf das Frühjahr und die Fastenzeit orientierten Kampagne vor allem auf das vom UNO-Millenniumsgipfel vorgegebene Ziel der "Bildung" konzentrieren.

Mit dem Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) will Misereor zudem im Vorfeld des G8-Gipfels in Heiligendamm im Juni mit der Unterschriftenaktion "Haltet euer Versprechen! Es zählt, was ankommt, bei den Armen!" entwicklungspolitischen Anliegen Nachdruck verleihen. Durch die neue Fundraisingkampagne "Starke Familien" sollen weltweit Familienpatenschaften initiiert werden.

Im Mai wollen Misereor und das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat anlässlich der dann in Brasilien tagende Generalversammlung des Lateinamerikanischen Bischofsrates CELAM den Blick auf kirchliche und soziale Probleme in den Ländern Südamerikas lenken. Mit seiner derzeit zu Ende gehenden Jahreskampagne hat Adveniat auf das brennende Thema weltweiter Flüchtlingsströme hingewiesen.

Missio: Neue Förderer gewinnen
Für eine "Glaubens-, Lern- und Solidargemeinschaft" engagiert sich das Internationale Katholische Missionswerk missio in Aachen und München. Mit dem "Afrikatag" wurde die Arbeit bereits Anfang Januar gestartet. Am Internationalen Tag der Kindersoldaten (12. Februar) ziehen missio, Adveniat und das Missionswerk der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern eine Bilanz ihrer gemeinsamen "Aktion Volltreffer", mit der seit zwei Jahren Hilfsmaßnahmen für die mehr als 300.000 Kindersoldaten unterstützt werden.

Missio Aachen feiert zudem in diesem Jahr sein 175-jähriges Bestehen. Nachdem das Werk inzwischen seinen Spendenrückgang stoppen konnte, sollen jetzt verstärkt auch neue Förderer für die mehr als 3.000 Projekte in Afrika, Asien und Ozeanien gewonnen werden.

"Missionarisch Kirche sein"
Mit Bulgarien und Rumänien gehören jetzt zwei Länder neu zur EU, mit denen das katholische Osteuropa-Hilfswerk Renovabis seit Jahren kooperiert. Durch den Beitritt sieht sich das in Freising bei München beheimatete Hilfswerk in seiner Arbeit bestätigt.

Ein Jubiläum steht auch beim internationalen Hilfswerk Kirche in Not (KIN) an, das am 4. Februar zentral in Köln sein 60-jähriges Bestehen feiert. Das Werk in Köingstein/Taunus ist die Anlaufstelle für Kirchen, die in ihren Ländern staatlichen Repressalien oder offener Verfolgung ausgesetzt sind. Aktuell konzentriert sich die Arbeit auf die Länder der ehemaligen Sowjetunion, auf die bedrängte Kirche in China und Vietnam, auf den Balkan und den Nahen Osten. Ebenso hilft KIN in Afrika (Sudan/Nigeria) und Lateinamerika (Kuba/ Haiti).

Das in der deutschen und nordosteuropäischen Diaspora engagierte Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken in Paderborn widmet sich weiterhin dem Thema "Missionarisch Kirche sein". In den nächsten Wochen will das Werk die Ergebnisse seiner "3. Glaubensumfrage" zum Thema "Wie kann Glaubensweitergabe an Kinder gelingen?" veröffentlichen.