Nach Missbrauchsurteil: Vertuschungsvorwurf gegen Mailänder Erzbischof

Versetzt statt verurteilt?

In Mailand ist ein katholischer Priester wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt worden. Die Mutter des damals 15-jährigen Opfers erhebt nun schwere Vorwürfe gegen den heutigen Erzbischof Mario Delpini.

Mario Delpini / © Paolo Galosi (KNA)
Mario Delpini / © Paolo Galosi ( KNA )

Erzbischof Mario Delpini habe seinerzeit als Bischofsvikar den betreffenden Geistlichen in eine andere Pfarrei versetzt, zitierten italienische Medien die Frau. Der beschuldigte Priester wurde am Donnerstag von einem Mailänder Gericht in erster Instanz zu sechs Jahren und vier Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.

Beschuldigter bestritt jede unsittliche Berührung

Dem Priester wird vorgeworfen, sich an dem Jugendlichen sexuell vergangen zu haben, als dieser im Dezember 2011 in der Pfarrerswohnung in Rozzano übernachtete. Der Geistliche bestritt laut Medienberichten vor Gericht jede unsittliche Berührung. Als Zeuge der Anklage trat ein Psychiater auf, der angab, der Jugendliche habe 2014 einen sexuellen Missbrauch durch den Priester geschildert.

Der Staatsanwalt führte auch Äußerungen von "dämonischer Besessenheit" bei dem Jungen auf ein traumatisches Erlebnis zurück.

Das Erzbistum Mailand bekundete am Donnerstag Verbundenheit mit dem heute 22-Jährigen, ohne sich zur Schuldfrage zu äußern. Man nehme das Urteil zur Kenntnis und warte den Ausgang eines kirchlichen Verfahrens gegen den Geistlichen ab, hieß es.

Gemeinsame Übernachtung in einem Bett "unklug"

In einer Erklärung vom Dezember 2017 nannte das Erzbistum die gemeinsame Übernachtung in einem Bett "sehr unklug"; nach den ersten damaligen Schilderungen sei aber nicht von Missbrauch auszugehen gewesen. Erst Mitte 2014 habe der Jugendliche "eine strafrechtlich relevante Version des Hergangs" in Widerspruch zu seiner früheren Darstellung geboten.

Der betreffende Geistliche sei unmittelbar nach dem Vorfall im Spätjahr 2011 in psychologische Begleitung gekommen. Im März 2012 habe die Bistumsleitung ihn von Rozzano nach Legnano versetzt und ihm zwei Priester zur Begleitung an die Seite gestellt. Das Erzbistum sprach von einer reinen Vorsichtsmaßnahme. Der Kontakt zu dem Jugendlichen sei schon vorher unterbunden worden.

Im Januar 2015 wurde laut dem Erzbistum ein kirchenrechtliches Verfahren bei der Glaubenskongregation in Rom eröffnet. Im Mai des gleichen Jahres erfolgte eine nach Kirchenangaben vorsorgliche Suspendierung von priesterlichen Aufgaben.


Quelle:
KNA
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