Nach dem Militärputsch bleibt die Zukunft in Mali ungewiss

Sturz eines Präsidenten

Nach dem Militärputsch in Mali am Mittwochabend hat sich die Lage in der Hauptstadt Bamako mittlerweile etwas beruhigt. Weiterhin für Spekulationen sorgt der ungeklärte Verbleib des Präsidenten.

Autor/in:
Katrin Gänsler
 (DR)

Nur noch vereinzelt seien Schüsse zu hören, berichten Augenzeugen vor Ort. Betroffen sei vor allem das Stadtzentrum, wo auch zahlreiche Geschäfte geplündert wurden. "Insgesamt ist hier aber wieder Ruhe eingekehrt", sagt Hamidou Konate, Direktor des privaten Rundfunksenders Radio Jamana.



Am späten Mittwochnachmittag hatten Soldaten den Präsidentenpalast gestürmt und das Staatsfernsehen und Radio besetzt. Sie verkündeten, ein sogenanntes Nationalkomitee unter Leutnant Amadou Konare habe die Macht übernommen. Sämtliche Grenzen wurden geschlossen und eine Ausgangssperre verhängt. Berichten zufolge ist bislang ein Mensch ums Leben gekommen; mindestens 40 weitere sollen verletzt worden sein.



Das Zentrum des Putsches ist Bamako - für viele in anderen Regionen des Landes weit weg. "Im Radio habe ich davon gehört. Aber die Informationen sind so dünn, dass ich mir noch gar kein Bild gemacht habe", berichtet Moussa Toro am Tag nach dem Aufstand. In Sevare, einer Stadt in Zentralmali, betreibt er einen kleinen Laden. Im Laufe des Tages habe er zwar mit einigen Kunden darüber gesprochen, wie es nun weiter gehen und was passieren wird. Doch bleibt er

gelassen: "Vom Militärputsch spüren wir hier wirklich nichts."



Als großer Demokrat gestartet

Auch auf die Frage, wo sich der gestürzte Präsident Amadou Toumani Toure - in Mali vor allem unter seinem Spitznamen ATT bekannt - aufhält, zuckt Moussa Toro mit den Schultern. Der ungeklärte Verbleib des Präsidenten sorgt für viele Spekulationen. Am Donnerstagabend erklärte der Anführer des Nationalkomitees, dem bisherigen Staatschef gehe es gut. Angaben zu dessen Aufenthaltsort machte er jedoch nicht. Zwischenzeitlich wurde vermutet, dass sich der 63-Jährige in der US-Botschaft aufhalten könnte. Diese dementierte jedoch. Auch über ein mögliches Versteck nahe des Flughafens wird spekuliert.



Dass der Präsident so plötzlich nicht mehr im Amt ist, freut viele Menschen in Mali. Denn vom früheren Glanz jenes Mannes, der vor genau 21 Jahren selbst gegen die Militärherrschaft putschte, ist nicht viel übrig. Einst galt er als großer Demokrat, der ein Jahr nach seinem Putsch die Macht freiwillig an den Gewinner der Präsidentschaftswahlen, Alpha Oumar Konare, abgab. Erst zehn Jahre später bewarb er sich selbst um das Amt und wurde gewählt. Heute hat er den Ruf eines Präsidenten, der sein Land nicht mehr im Griff hat und vor allem für die Tuareg-Rebellion im Norden keine Lösung findet.



Das Ziel: Demokratie

"Das Land ist heute in zwei Teile geteilt", sagt Yehia Ag Mohamed Ali, nationaler Koordinator des Programms Mali-Nord. Im Norden hat längst die Rebellenarmee der Tuareg MNLA (Nationale Befreiungsbewegung Azawad) die Oberhand gewonnen. Auseinandersetzungen mit der malischen Armee sind hier nicht neu. Bereits vor 20 Jahren kam es in der äußerst dünn besiedelten Region zu einem Aufstand, weil sich die Nomaden vom Staat marginalisiert und vernachlässigt fühlten. Neu ist jedoch der Einfluss von AQMI, der El Kaida im islamischen Maghreb, die sich immer stärker im Sahel ausbreitet.



Die Armee muss machtlos zuschauen. Ohnehin gilt sie als schlecht ausgestattet, ihre Soldaten als kaum ausgebildet. Zu Wochenbeginn bot sogar die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS logistische und materielle Unterstützung an. Doch nun haben die Soldaten das Schicksal des Landes in die Hand genommen. Ziel sei, so das Nationalkomitee, den Staat aufrecht zu erhalten und die Demokratie wiederherzustellen.



Eines scheint schon klar: Am 29. April wird in Mali wohl kein neuer Präsident gewählt werden. Amadou Toumani Toure wäre zur geplanten Wahl zwar ohnehin nicht mehr angetreten. Doch mit freien und fairen Wahlen hatte angesichts der angespannten Lage trotzdem niemand gerechnet.