Nach Abtreibungsvotum droht Spaltung der Regierung

Polnische Politik in der Krise

Nach dem Nein des polnischen Parlaments zu einer Verschärfung des Abtreibungsrechts ist die rechtskonservative Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) in eine tiefe Krise gerutscht. Der Staatspräsident verteidigte am Freitag seinen Bruder und Premier. Die Medien sprechen schon von Neuwahlen.

 (DR)

Zeitungen: Parteien stellten sich auf Neuwahlen ein
Staatspräsident Lech Kaczynski sagte am Freitag dem Radiosender "Zet", dass sein Zwillingsbruder, Premier Jaroslaw Kaczynski, nicht ohne Grund eine Diskussion über die Abtreibungsfrage verhindern wollte, um die Stabilität der Regierung zu sichern. Die Tageszeitung "Zycie Warszawy" berichtete am Freitag, die Parteien stellten sich bereits auf mögliche Neuwahlen ein und reservierten Werbeflächen.

Nach der Abstimmung am vergangenen Freitag war der PiS-Politiker Marek Jurek von seinem Amt als Parlamentspräsident zurückgetreten und hatte seine Fraktion verlassen, weil sie ihm nicht ausreichend Unterstützung für einen besseren Lebensschutz gegeben habe. Am Donnerstag kündigte er die Gründung einer neuen christlich-konservativen Partei an. Mehrere PiS-Abgeordnete unterstützen ihn dabei.

Das Thema Abtreibung ist sehr umstritten
Das Thema Abtreibung ist nicht nur in der polnischen Gesellschaft, sondern auch innerhalb der rechten Parteien sehr umstritten. In mehreren Abstimmungen im Parlament war es der konservativen Regierung am vergangenen Freitag nicht gelungen, die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit für die vorgeschlagenen Verfassungsänderungen durchzubringen. Diese hätten die Voraussetzung dafür geschaffen, Abtreibungen in Polen ganz zu verbieten oder die bestehenden Regelungen nur schwer ändern zu können.

Kaczynski sagte dazu, er glaube, dass die Regierung weiter eine Mehrheit im Parlament behalten werde. Auch Jurek beteuerte, dass er den Kurs der PiS weiter unterstützen werde. Andererseits zeigte sich der Gründer und Direktor des nationalkatholischen Senders Radio Maryja, Pater Tadeusz Rydzyk, am Freitag besorgt, dass die neue Fraktion die Stabilität der Regierung gefährden könne.