Musik von J. S. Bach zu Epiphanie

Alttestamentliche Verheißungen

"Sie werden aus Saba alle kommen“ – so heißt das Werk, das Johann Sebastian Bach seinerzeit 1724 für den Dreikönigstag am 6. Januar schrieb. Nicht nur durch die ungewöhnlichen Klangfarben im Orchester und die abweichende Satzfolge ist die Kantate ein besonders gelungenes Werk des Thomaskantors.

El Greco: Die Anbetung der Heiligen Drei Könige / © Gemeinfrei
El Greco: Die Anbetung der Heiligen Drei Könige / © Gemeinfrei

Das Kantatenschreiben für den Sonntagsgottesdienst in Leipzig war so etwas wie das Alltagsgeschäft des Thomaskantors, der mit dem Thomanerchor einen leistungsfähigen Chor zur Verfügung hatte.  Über 400 dieser geistlichen Werke schrieb er. In der Regel dauern sie etwa 20 Minuten. Die Besetzung umfasst meistens vier Solo-Sänger, Chor und kleines Orchester. Die heutige Kantate weicht nicht nur in dieser Hinsicht erheblich ab. Die Struktur und Satzabfolge ist verändert, es kommen nur zwei Solisten zum Einsatz. Auch die instrumentale Besetzung ist überraschend:  zwei Hörner, zwei Blockflöten, zwei Oboen da caccia werden zusammen mit Streichern eingesetzt. Vor allem der Eingangschor erhält so eine besondere Klangfarbe, die Bach sonst nur bei seinem Weihnachtsoratorium und einer anderen Weihnachtskantate einsetzt.

Inhaltlich geht es in der Kantate um die heiligen Drei Könige, die zum Jesuskind im Stall von Betlehem kommen und ihre Geschenke mitbringen – Gold, Weihrauch und Myrre. Darauf nimmt der Anfangschor Bezug mit einem Zitat aus dem Buch Jesaja im Alten Testament. Dies kündigt im christlichen Verständnis die Ankunft von Jesus Christus an Weihnachten in der Krippe an. "Sie werden aus Saba alle kommen", so heißt es dort und so singt der Chor zu Beginn der Kantate und drückt damit aus, dass nicht nur die Heiligen Drei Könige kommen, sondern im übertragenen Sinn alle gläubigen Menschen.

Die Geschenke der alttestamentlichen Könige aus Saba entsprechen so gesehen den Geschenken der Heiligen Drei Könige. Bach fügt - wie um dies zu unterstreichen - nach dem Eingangssatz direkt einen vierstimmigen Choral an, was ungewöhnlich für Kantaten von ihm ist.

Dann folgen in der Kantate mehrere Rezitative und Arien, die zum einen thematisieren, dass das Buch Jesaja Jesus Christus vorher gesagt hat. Zum anderen geht es auch darum, dass alles Gold, was die Menschen mitbringen, letztlich wertlos ist, wenn nicht jeder Gott sein Herz schenkt, wenn nicht jeder an Gott glaubt. Gold aus Ophir ist zu schlecht, so singt der Solo-Bassist und spielt damit wieder auf eine alttestamentliche Erzählung an. Ohne den rechten Glauben, ohne das Herz ist Gold nur eine eitle Gabe, wie er singt.

Im letzten Rezitativ kommt die Deutung der Gaben der Heiligen Drei Könige: Des Glaubens Gold, der Weihrauch des Gebets, Die Myrrhen der Geduld sind meine Gaben, so heißt es – die materiellen Geschenke der Heiligen Drei Könige versteht der Christ nun als geistliche Gaben, die jeder dem Jesuskind schenken kann.

Dies bekräftigt der Solo-Tenor in der folgenden Arie mit der Aufforderung, dass an Weihnachten sich die Menschen Gott schenken sollen: Nimm mein Herz zum Geschenke hin, alles was ich bin, so heißt es in der Arie. Reich soll sich der Gläubige also an Gott verschenken – diesen Reichtum drückt Bach so aus, dass das komplette Orchester spielt, also reichhaltig musiziert. Musikalisch knüpft die Arie so an den Eingangschor an.

Ganz traditionell endet dann diese besondere Kantate mit einem schlichten vierstimmen Choral, so wie Bach die meisten seiner Kantaten beschließt.

Text: Mathias Peter

(Erstsendung: 03.01.2016)