Münsteraner Bischof zum Jahreswechsel

"Vor wem sollten wir Angst haben?"

Münsters katholischer Bischof Felix Genn hat sich an Silvester gegen eine Furcht vor Überfremdung gewandt. Angst dürfe die Gesellschaft nicht bestimmen. Mit Blick auf das Wahljahr 2017 mahnte er Besonnenheit an. 

Bischof Felix Genn / © Harald Oppitz (KNA)
Bischof Felix Genn / © Harald Oppitz ( KNA )

Nach dem Anschlag in Berlin gehe die Angst vor Terror und Gewalt in Deutschland um, sagte Genn in einem Gottesdienst am Silvestermorgen in Münster. Es gebe zudem eine starke Tendenz zur Ausländer- und Islamfeindlichkeit. Doch sich abzuschotten, führe nicht weiter, erklärte der Bischof: "Weil in einer offenen Gesellschaft, in der die Freiheit für jeden Einzelnen als hohes Gut zu leben ist, und in einer globalisierten Welt die Vermischung von Kulturen und Religionen nicht aufzuhalten ist."

Die Menschen in Deutschland brauchten "gar keine Angst vor einer Islamisierung zu haben", sagte er. Denn das Wort Gottes habe in Jesus die Macht des Todes überwunden und ewiges Leben ermöglicht. "Vor wem sollten wir eigentlich Angst haben?", fragte der Bischof.

Angst vor Terror

Dennoch seien solche Befürchtungen in Deutschland vorhanden, sagte Genn laut Redemanuskript. Dabei gehe es nicht um die Angst vor einem möglichen Krieg, sondern "die Angst vor Terror und Gewalt", die die Menschen beschäftige. Dies schüre Misstrauen gegenüber den Fremden, die nach Deutschland gekommen seien. "Manche sehen schon in der Stadt Münster eine Zukunft, in der die Lamberti-Kirche zur Moschee umgewandelt wird."

Blick auf Wahljahr 2017

Der Wahlkampf in Amerika habe exemplarisch gezeigt, "wie in einer komplexen Welt einfache Parolen mehr Gewinn einstreichen als die notwendige geistige Auseinandersetzung", sagte der Bischof. Notwendig sei es dagegen, zu differenzieren. "Bloße Gefühle reichen nicht aus", betonte Genn. Auch der Ruf allein nach christlichen Werten greife zu kurz, wenn sie nicht mit Verstand und Herz begründet werden könnten. 

"Denn das ist menschenwürdig, was zugleich vernünftig und vom Herzen her anzunehmen ist", sagte er. Nur so gelinge die Auseinandersetzung mit allen fremden Kulturen, mit anderen Religionen und geistigen Strömungen. Sich gegen diese abzuschotten, führe nicht weiter, so Genn. Denn "in einer offenen Gesellschaft, in der die Freiheit für jeden Einzelnen als hohes Gut zu leben ist" sei die Vermischung von Kulturen und Religionen nicht aufzuhalten.

Religion des Wortes

Der Bischof machte deutlich, dass das Christentum sich von Anfang an als Religion des Wortes, der Vernunft verstanden habe. "Das Christentum, die Liebe sind nicht postfaktisch", unterstrich Genn: "Am Anfang war kein Chaos, sondern das Wort, das der Tiefe der Liebe Gottes entstammt." Darauf begründet seien geistige Zusammenhänge, die dem Leben dienten und es nicht zerstörten. Deshalb könnten Christinnen und Christen in der Gesellschaft "die Auseinandersetzung mit anderen Denkströmungen ebenso wagen wie das Engagement für Frieden und Gerechtigkeit, die Sorge um die Armen und Hilfslosen, die Schwachen und Kranken".

Der Bischof ging auch auf die Bedeutung des Sonntags ein. Dabei gehe es um mehr als nur die Frage, ob Läden an diesem Tag öffnen oder nicht. Den Christen sei sonntags vielmehr die Möglichkeit gegeben, an der Feier der Eucharistie teilzunehmen. "So wird der Sonntag nicht nur frei, sondern geheiligt." Bei einem Bürgerentscheid in Münster Anfang November hatte sich eine Mehrheit gegen Sonntagsöffnungen ausgesprochen.


Quelle:
epd , KNA