Moraltheologe zur Züchtung eines Mensch-Schwein-Wesens

Organ-Ersatzteillager?

Ist das die Zukunft? Forscher haben im Rahmen der Stammzellenforschung menschliche Gene mit denen eines Schweines gekreuzt, um Organe zu züchten. Eine ethische Einordnung des Moraltheologen Franz-Josef Bormann.

Symbolbild Forschung / © Jochen Tack (epd)
Symbolbild Forschung / © Jochen Tack ( epd )

domradio.de: Wie kann man sich ein Mischwesen aus Schwein und Mensch vorstellen, das amerikanische Forscher jetzt züchten? Laufen dann Schweine mit Menschengehirnen rum?

Prof. Franz-Josef Bormann (Katholischer Moraltheologe und Mitglied des Deutschen Ethikrates): Ganz so ist es nicht. Zunächst einmal muss man sich vorstellen, dass es sich um einen Embryo handelt. Man hat sich also ganz an den Anfang der biologischen Entwicklung eines Schwein-Wesens gestellt. Man spritzt Stammzellen in diesem Embryo hinein, um zu schauen, wie sich diese Stammzellen in der Umgebung eines Schweine-Organismus weiterentwickeln.

domradio.de: Kann man denn einfach so menschliches und tierisches Gewebe mischen?

Bormann: Das weiß man auch noch nicht. Man hat vorher Experimente mit Mäusen und Ratten gemacht, die biologisch viel näher verwandt sind. Nun möchte man wissen, ob das auch bei ferner, biologisch gesehen weniger engverwandten Arten, wie dem Schwein und dem Mensch möglich ist. Die Experimente zeigen, dass so etwas in gewissem Umfang durchaus machbar ist.

domradio.de: Und warum hat man ein Schweine-Embryo genommen? Weil Mensch und Schwein so weit voneinander entfernt sind?

Bormann: Man möchte bestimmte Organe züchten. Das ist jedenfalls die langfristige Perspektive. Schweine sind deswegen besonders interessant, denn wenn man beispielsweise Herzgewebe züchten möchte, ist nämlich allein von der Größe her das Schweine-Herz dem menschlichen Herz sehr ähnlich. Von daher ist das Schwein ein besonders interessanter Vergleichspunkt.

domradio.de: Dieses gezüchtete Mischwesen ist im Grunde nicht mehr als ein Ersatzteillager. Ist das ethisch überhaupt vertretbar?

Bormann: Das hängt davon ab, wie man den moralischen Status des Tieres generell bestimmt. Wir gehen in der Regel davon aus, dass die Sonderstellung des Menschen sich dadurch auszeichnet, dass Tiere einen verringerten moralischen Status haben. Das ist auch die Grundlage dafür, weshalb wir auch Tiere essen dürfen, während wir unsere Artgenossen nicht essen. Von daher gibt es keine grundsätzlichen Einwände dagegen, auch tierische Organismen als Ersatzteillager zu gebrauchen. Die Frage ist allerdings, ob zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Grundlagenforschung schon so weit gediehen ist, dass man nicht nur das Tier-Tier-Modell weiter erforscht, sondern jetzt bereits in die Mensch-Tier-Hybridzüchtung eintritt. Das ist hochgradig umstritten.

domradio.de: Was passiert mit den Embryos, wenn sie "ausgedient" haben?

Bormann: Wenn sie ausgedient haben, werden sie einfach vernichtet. Zunächst einmal möchte man natürlich die ersten Schritte der Embryonalentwicklung beobachten. Man möchte wissen, wie die Zelldifferenzierung in dem Wirtskörper vonstatten geht, wie die Interaktion zwischen den Gast- und den Wirtszellen aussieht. Das kann man in der Petrischale so nicht simulieren. Deswegen sind zunächst einmal nur die ganz elementaren ersten Entwicklungsschritte auch das Interessante. Daraus möchte man die eigentlichen Erkenntnisse gewinnen.

Das Interview führte Tobias Fricke.

 

Prof. Franz-Josef Bormann / © Harald Oppitz (KNA)
Prof. Franz-Josef Bormann / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
DR